Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge

Am 12.9.2011 hat das Bundesministerium der Justiz eine Berichtigung des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge im Bundesgesetzblatt veröffentlicht.

Verfahrensstand-Anzeiger

Hinweis: Materialien zu diesem Gesetzgebungsvorhaben können am Ende dieser Seite abgerufen werden.

Die Berichtigung betrifft Art. 247 § 12 Abs. 1 EGBGB und ändert die Einrückung der Sätze 3-6. 

Autor: Ass. jur. Stefan Hennigs, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover

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Text der Vorversion(en):


Am 23.3.2010 hat das Bundesministerium der Justiz den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen mit dem Ziel vorgelegt, die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs über den Wertersatz im Falle des Widerrufs eines Fernabsatzvertrags entsprechend den Vorgaben des Europäischen Gerichtshofs auszugestalten.

Anlass für den Gesetzentwurf ist das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 3.9.2009 (Rs. C-489/07 - Messner, ABl. C 256 vom 24.10.2009, S. 4), wonach es mit Art. 6 Abs. 2 Satz 1 der Richtlinie 97/7/EG (Fernabsatzrichtlinie) vom 20.5.1997 unvereinbar sei, wenn ein Verkäufer vom Verbraucher für die Nutzung einer Ware, die im Fernabsatz gekauft wird, bei fristgerechtem Widerruf generell Wertersatz für die Nutzung der Ware verlangen kann. Zulässig sollen hiernach jedoch Bestimmungen sein, die den Verbraucher zum Wertersatz verpflichten, wenn er die Ware auf eine mit den Grundsätzen von Treu und Glauben oder der ungerechtfertigten Bereicherung unvereinbaren Art und Weise benutzt, sofern insbesondere die Effektivität des Widerrufsrechts hierdurch nicht beeinträchtigt wird.

Nach derzeitiger (umstrittener) Gesetzeslage sind gezogene Nutzungen hingegen im Fall des Widerrufs eines Fernabsatzvertrages grundsätzlich herauszugeben bzw. wertmäßig zu ersetzen (§§ 312 d Abs. 1 Satz 1, 357 Abs. 1 Satz 1, 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB). Durch den Gesetzesentwurf sollen die Bestimmungen des BGB an die Vorgaben des EuGH angepasst werden.

Die Änderungen beinhalten:

• Aufhebung des § 312 d Abs. 6 BGB

• Einfügung eines neuen § 312 e BGB-E (Wertersatz bei Fernabsatzverträgen)

- Abs. 1: Hiernach soll ein Wertersatz für Nutzungen gelieferter Waren nur dann zu leisten sein, soweit die Nutzung über die bloße Prüfung der Eigenschaften und Funktionsfähigkeit der Ware hinausgeht und der Verbraucher über sein Widerrufsrecht belehrt worden ist. Die Beweislast dafür, dass der Verbraucher die Ware während der Widerrufsfrist nicht in einer Weise benutzt hat, die zur zweckdienlichen Ausübung des Widerrufsrechts erforderlich war, trägt der Unternehmer. 
- Abs. 2 sieht einen Wertersatz für erbrachte Dienstleistungen vor, wenn der Verbraucher vor Abgabe seiner Vertragserklärung hierauf hingewiesen wird und zustimmt, dass vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Ausführung begonnen wird.

• Neufassung von § 357 Abs. 3 BGB: 
Wertersatz für eine Verschlechterung der Sache gem. § 346 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 BGB durch bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme ist anders als bisher nur zu leisten, wenn die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über die Prüfung der Eigenschaften und der Funktionsfähigkeit hinausgeht und der Verbraucher bei Vertragsschluss hierauf hingewiesen wurde. Ein unverzüglich nach Vertragsschluss in Textform mitgeteilter Hinweis wird dabei einem Hinweis bei Vertragsschluss gleichgesetzt. Die Beweislast dafür, ob die Verschlechterung auf einen Umgang mit der Sache zurückzuführen ist, der über ein Prüfen der Sache hinausgeht, wird ebenfalls vom Verbraucher auf den Unternehmer verlagert.

• Entsprechende Änderungen der Muster für die Belehrung über das Widerrufs- bzw. das Rückgaberecht. 
Der Referentenentwurf geht damit über die Vorgaben des EuGH hinaus. Während der EuGH in seinem Urteil nur über den Wertersatz für die Nutzung der Ware entschieden hat (vgl. § 312 e Abs. 1 BGB-E), wird mit der vorgeschlagenen Änderung in § 357 Abs. 3 BGB-E auch der Wertersatz für die Verschlechterung der Ware neu gefasst. Ferner erstreckt sich die Regelung des § 357 Abs. 3 BGB-E nicht nur auf die Fälle im Fernabsatz, sondern auf alle Fälle, in denen ein gesetzliches Rücktrittsrecht eingeräumt wird.

Die Reaktionen der Fachwelt auf den Entwurf sind gespalten. Während die Bundesrechtsanwaltskammer in ihrer Stellungnahme vom April 2010 den Entwurf als im Rahmen des Umsetzungskonzepts des Gesetzgebers konsequent bezeichnet und lediglich geringfügige Formulierungsänderungen der Musterwiderrufsbelehrung vorschlägt, sieht die Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände (Stellungnahme vom 21.4.2010) weitergehenden Änderungsbedarf. So müsse ausdrücklicher Maßstab dafür, welche Form der Ingebrauchnahme bzw. Funktionsüberprüfung vom Käufer ohne Wertersatzspflicht zulässig sein soll, dasjenige sein, was der Kunde auch beim Kauf im stationären Handel an Überprüfungsmöglichkeiten gehabt hätte. Auch dürfe man die Beweisanforderungen an die Verkäuferseite nicht überspannen (ausreichend soll als Beweis des ersten Anscheins z.B. eine Ware mit Gebrauchsspuren sein). Der Deutsche Notarverein (Stellungnahme vom 21.4.2010) schlägt u.a. vor, die Inhalte der Belehrung in § 312 e Abs. 1 und Abs. 2 BGB-E anzugleichen und somit in beiden Fällen eine Pflicht zur Belehrung sowohl über das Widerrufsrecht als auch über die Rechtsfolgen (Wertersatzpflicht) festzulegen.

Autor: Ass. jur. Kristina Schmidt, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover

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Am 30.11.2010 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge beschlossen.

Ziel des Gesetzentwurfs ist es, die Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) über den Wertersatz im Fall des Widerrufs eines Fernabsatzvertrags entsprechend den Vorgaben im Urteil des Europäischen Gerichtshofs auszugestalten. Außerdem erfolgen Klarstellungen in den §§ 358 und 359a BGB. Schließlich wird mit § 312f BGB-Entwurf ebenfalls aus Gründen der Klarstellung eine eigenständige Vorschrift für Verträge geschaffen, die Fernabsatzverträgen über Finanzdienstleistungen hinzugefügt werden.

Autor: Ass. jur. Kristina Schmidt, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover

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Am 17.3.2011 hat die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel den Gesetzentwurf verbunden mit der Stellungnahmen des Normenkontrollrats und desBundesrats sowie der entsprechenden Gegenäußerung der Bundesregierung dem Bundestag zugeleitet (BT-Drs. 17/5097).

Autor: Ass. jur. Kristina Schmidt, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover

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Am 13.5.2011 hat der Rechtsausschuss des Bundestags die Beschlussempfehlung und den Bericht zum Gesetzentwurf der Bundesregierung abgegeben (BT-Drs. 17/5097).

Darin spricht er sich für die Annahme des Gesetzentwurfs in geänderter Fassung aus. Er empfiehlt eine redaktionelle Änderung und einige inhaltliche Änderungen im Muster für die Widerrufsbelehrung, die im Wesentlichen der Tatsache geschuldet sind, dass mittlerweile ein eigenständiges Muster für die Widerrufsbelehrung bei Teilzeit-Wohnrechteverträgen existiert.

Autor: Ass. jur. Stefan Hennigs, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover

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Am 26.5.2011 hat der Bundestag den Gesetzentwurf der Bundesregierung mit geringfügigen Änderungen angenommen.

Aufgrund der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses (BT-Drs. 17/5819) hat der Bundestag nach Beratungen vom 24.3. und 26.5.2011 in seiner 111. Sitzung am 26.5.2011 den von der Bundesregierung eingebrachten Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge (BT-Drs. 17/5097) mit den vom Rechtsausschuss empfohlenen Maßgaben angenommen.

Autor: Ass. jur. Stefan Hennigs, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover

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Am 17.6.2011 hat der Bundesrat in seiner 884. Sitzung beschlossen, zu dem vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge keinen Antrag zur Einberufung eines Vermittlungsausschusses gemäß Art. 77 Abs. 2 GG zu stellen.

Autor: Ass. jur. Stefan Hennigs, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover

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Am 3.8.2011 wurde das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge im Bundesgesetzblatt verkündet.

Autor: Ass. jur. Stefan Hennigs, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover

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Am 4.8.2011 ist das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften über den Wertersatz bei Widerruf von Fernabsatzverträgen und über verbundene Verträge in Kraft getreten.

Gemäß Art. 229 § 27 EGBGB gilt eine Übergangsfrist bis zum 4.11.2011, in der Unternehmer noch die bisherigen Mustertexte für Widerrufsbelehrung verwenden dürfen. Ab dem 5.11.2011 sind sodann nur noch die neuen Mustertexte anwendbar. 

Autor: Ass. jur. Stefan Hennigs, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover

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EuGH Rs. C-489/07 - Messner vom 3.9.2009

Referentenentwurf vom 23.3.2010

Stellungnahme des Deutschen Notarvereins vom 21.04.2010

Stellungnahme der Centralvereinigung Deutscher Wirtschaftsverbände vom 21.4.2010

Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer vom April 2010

Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 22.11.2010

Stellungnahme des Bundesrats vom 11.2.2011 (BR-Drs. 855/10)

Gesetzentwurf der Bundesregierung mit Anlagen vom 17.3.2011 (BT-Drs. 17/5097)

Beschlussempfehlung und Bericht des Rechtsausschusses vom 13.5.2011 (BT-Drs. 17/5819)

Gesetzesbeschluss des Bundestags vom 27.5.2011 (BR-Drs. 288/11)

Verkündung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt vom 3.8.2011 (BGBl. I 1600)

Berichtigung des Gesetzes im Bundesgesetzblatt vom 12.9.2011 (BGBl. I 1942)



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 13.03.2012 10:45

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