Plurilaterales Handelsabkommen "Anti-Counterfeiting Trade Agreement"
Am 04.07.2012 stimmte das Europäische Parlament mit 39 Stimmen für, 478 Stimmen gegen sowie 165 Enthaltungen, gegen ACTA.
Hinweis: Materialien zu diesem Gesetzgebungsvorhaben können am Ende dieser Seite abgerufen werden.
Der EU-Handelskommissar betonte im Parlament, dass die Brüsseler Regierungseinrichtung nun zunächst das EuGH-Gutachten abwarten und dieses sorgfältig prüfen wolle.
Autor: Dipl.- Jur. Dennis Heinemeyer, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover
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Text der Vorversion(en):
Am 2.10.2010 veröffentlichte die Europäische Kommission einen weiteren Entwurf zum Anti-Counterfeiting Trade Agreement (ACTA). Die Ergebnisse der bereits am 3.6.2008 gestarteten Verhandlungen waren noch bis zum ersten Entwurf, welcher am 21.4.2010 bekanntgegeben worden war, unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehalten worden. In weiten Bereichen sind in der aktuellen Version des von der Europäische Kommission zu ACTA freigegebenen Textes signifikante Veränderungen gegenüber dem Entwurf vom April zu finden. Erhebliche Veränderungen finden sich in den Bereichen der vorgesehenen Grenzmaßnahmen zum Schutz von Markenrechten, sowie dem sogenannten Internetkapitel. Ferner finden sich Neuerungen in zivilprozessualen Bestimmungen zur Durchsetzung von Unterlassungsansprüchen. Weiterhin wurden aus dem aktuellen Gesetzesentwurf die umstrittenen Regelungen zu Netzsperren herausgenommen. Unklar ist, inwieweit Patente in das Abkommen fallen oder ob diese komplett aus dem ACTA-Rechtsrahmen gestrichen werden sollen.
Problematisch erscheint jedoch auch nach diesen Änderungen, inwieweit ACTA mit bestehendem europäischen Recht vereinbar ist. Aus diesem Grund forderten Abgeordnete des Europäischen Parlaments am 20.10.2010 von der Europäische Kommission, in einem Rechtsgutachten eindeutig darzulegen, dass in der EU und ihren Mitgliedsländern keine Gesetzesanpassung notwendig sein wird.
Bei dem vorliegenden Entwurf vom 21.4.2010 handelt es sich um ein geplantes multilaterales Abkommen, zur Schaffung eines internationalen Standards zur Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten. ACTA soll insbesondere auf den Grundlagen des Übereinkommens über handelsbezogene Aspekte der Rechte am geistigen Eigentum (TRIPS) aufbauen und behandelt folgende Themen:
- Rechtlicher Rahmen zur Durchsetzung von geistigen Eigentumsrechten
In diesem Abschnitt werden Regelungen zum Umfang der zivilrechtlichen Sanktionen erörtert, welche auch die Höhe von Schadenersatzansprüchen wegen Rechtsgutverletzungen regeln sollen. Zudem sollen auch Maßnahmen zu Vernichtungsansprüchen gegen nicht genehmigte Vervielfältigungen und insbesondere der Herstellungsmittel geregelt werden.
- Rechte am geistigen Eigentum im digitalen Umfeld
Im Mittelpunkt dieses Abschnittes stehen Regelungen zu den Voraussetzungen für eine Haftungsprivilegierung von Internet Service Providern (ISP). Eine Option hierfür soll die Sperrung von betroffenen Internetzugängen sein.
- Internationale Zusammenarbeit zur Bekämpfung von Rechtsverletzungen und Harmonisierung der Strafverfolgung
Hier wird eine konsequentere Kooperation zwischen den jeweiligen Rechtsdurchsetzungsbehörden angestrebt. Insbesondere wird eine verschuldensunabhängige strafrechtliche Sanktionierung bei Urheberrechtsverstößen gefordert.
- Bestimmungen zu Grenzmaßnahmen im Bezug auf den Schutz von geistigen Eigentumsrechten
Hier besteht derweilen keine Einigung. Die Forderungen reichen bis hin zur Durchsuchung von Datenträgern durch Grenzbeamte zur Aufspürung von dort gespeicherten Daten, die auf Grund einer Rechtsverletzung erlangt worden sein könnten.
Autor: Dipl.- Jur. Dennis Heinemeyer, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover
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Am 15.11.2010 haben die USA die endgültige Version des Anti-Piraterie-Abkommens ACTA veröffentlicht. Ende des Monats soll der Entwurf einer offiziellen rechtlichen Prüfung unterzogen werden. Gleichzeitig kündigte die EU-Kommission in einer Pressemitteilung an, dass die Verhandlungen über ACTA abgeschlossen seien und das Abkommen in Kürze unterschrieben werde. Zu den zukünftigen Unterzeichnern gehören Australien, Kanada, die Europäische Union (repräsentiert durch die Europäische Kommission), Japan, Korea, Mexiko, Marokko, Neuseeland, Singapur, die Schweiz und die USA. Brasilien, China und Indien haben sich gegen den Text ausgesprochen.
Autor: Dipl.- Jur. Dennis Heinemeyer, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover
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Am 27. 04 2011 hat sich die Europäische Kommission zu der "Opinion of European Academics on ACTA" geäußert.
Insgesamt werden zwar Abweichungen vom EU Acquis zugegeben - insgesamt halte man ACTA aber nicht für "inkompatibel". Die Kommssion gibt in Bezug auf die Kritik zu dem Kapitel "border measures" zu, das die Ausdehnung auf "normale" Markenverletzungen eine Änderung der BMR notwendig machen würde. Ferner hält die Europäische Kommission auch für ACTA die verbindlichen Schutzgrenzen in TRIPS (z.B. Art.55, 56) für anwendbar und verbindlich.
Autor: Dipl.- Jur. Dennis Heinemeyer, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover
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Am 24.6.2011 hat die Europäische Kommission das Anti-Piraterie-Abkommen ACTA angenommen und dem Ministerrat zur Zustimmung vorgelegt.
· Im Hinblick auf die in der Europäischen Union nicht harmonisierten strafrechtlichen Regelungen weist die Kommission im Ratsentwurf Vorwürfe zurück, sie habe das Abkommen als Hintertür für eine Harmonisierungsrunde im Strafrecht benutzt.
· Bei der Bemessung von Schadenersatz im Falle von Urheberrechtsverletzungen sollen "festgesetzte Schadensersatzbeträge", "Vermutungen" und "zusätzliche Schadensersatzleistungen" herangezogen werden.
Autor: Dipl.- Jur. Dennis Heinemeyer, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover
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Am 30.09.2011 teilt die EU-Kommission mit, dass ACTA noch nicht unterzeichnen werden wird. Dem folgen auch Mexiko und die Schweiz. In der EU steht neben der Zustimmung des Rates auch noch die des Parlament aus. Ferner müssen in einigen EU-Mitgliedsstaaten nationale Parlamente zustimmen. In Deutschland wird sich der Bundestag mit ACTA befassen.
Autor: Dipl.- Jur. Dennis Heinemeyer, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover
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Kritik an weiteren Schritt zur Annahme des Abkommens durch die EU kommt von unter anderem von "Reporter ohne Grenzen" und "La Quadrature du Net". Die EU-Kommission nahm den Vertrag, der die Durchsetzung von Rechten an immateriellen Gütern vereinfachen soll, im Juni an. Allerdings muss das EU-Parlament noch zustimmen, bevor sich die Mitgliedsstaaten an eine Umsetzung der Vorgaben machen könnten.
Autor: Dipl.- Jur. Dennis Heinemeyer, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover
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Am 26.01.2012 hat die Europäische Union das Anti-Counterfeiting Trade Agreement in Japan, wo die Dokumente von ACTA aufbewahrt werden, unterzeichneten. 22 EU-Mitgliedsstaaten und die Europäische Union haben ACTA nun zugestimmt. Die Ratifizierung steht noch aus.
Autor: Dipl.- Jur. Dennis Heinemeyer, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover
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Am 12.4.2012 plädierte der Vorsitzender der sozialdemokratischen Fraktion im EU-Parlament, und der für ACTA zuständige Berichterstatter, David Martin, für eine Zurückweisung des Anti-Piraterie-Abkommen.
Autor: Dipl.- Jur. Dennis Heinemeyer, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover
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ACTA: Whose rights does it protect? vom 12.4.2012 |
ACTA-Entwurf Nr. 1 vom 21.4.2010 |
ACTA-Entwurf Nr. 2 vom 2.10.2010 |
Endfassung des Abkommens vom 03.12.2010 |
ACTA Opinion vom 07.02.2011 |
Beurteilung von ACTA durch IGRI |