Open Access – Zweitverwertungsrecht für wissenschaftliche Beiträge

Am 26.6.2013 hat der Bundestag das Gesetz zur Nutzung verwaister und vergriffener Werke und einer weiteren Änderung des Urheberrechtsgesetzes beschlossen. Die schon in den vorangegangenen Entwürfen des Bundesministeriums der Justiz und der Bundesregierung vorgesehene Formulierung des § 38 Abs. 4 UrhG wurde wortgleich übernommen.

 

Verfahrensstand-Anzeiger

Hinweis: Materialien zu diesem Gesetzgebungsvorhaben können am Ende dieser Seite abgerufen werden.

Autor: André Sabellek, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover            _______

Text der Vorversion(en):


Am 10.4.2013 hat die Bundesregierung einen Gesetzentwurf für ein Gesetz zur Nutzung verwaister und vergriffener Werke und einer weiteren Änderung des Urheberrechtsgesetzes beschlossen, der die schon im Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz vorgesehene Formulierung des § 38 Abs. 4 UrhG wortgleich übernimmt.

Autor: André Sabellek, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover

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Am 20.2.2013 hat das Bundesministerium der Justiz einen Referentenentwurf für ein Gesetz zur Nutzung verwaister Werke und zu weiteren Änderungen des Urheberrechtsgesetzes und des Urheberrechtswahrnehmungsgesetzes vorgelegt. 

Bezüglich der Förderung von Open Access ist darin vorgesehen:

  • In § 38 Abs. 4 UrhG soll ein unabdingbares Zweitverwertungsrecht des Urhebers von wissenschaftlichen Beiträgen in periodisch erscheinenden Sammlungen eingeführt werden.

  • Voraussetzung ist, dass der Beitrag im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln finanzierten Lehr- und Forschungstätigkeit entstanden ist.

  • Nach Ablauf von zwölf Monaten seit der Erstveröffentlichung soll der Beitrag dann durch den Urheber in der akzeptierten Manuskriptversion öffentlich zugänglich gemacht werden dürfen, soweit dies keinem gewerblichen Zweck dient.

  • Die Quelle der Erstveröffentlichung ist anzugeben.

Unklar ist, ob der Vorschlag Aussichten hat, noch in der laufenden Legislaturperiode umgesetzt zu werden. Inhaltlich überdenkenswert erscheint die für sehr dynamische Forschungsgebiete recht lange Zwölfmonatsfrist. Der Entwurf begründete diese mit der Notwendigkeit, die Amortisation verlegerischer Investition zu gewährleisten. Zu eng erscheint die Einschränkung auf die akzeptierte Manuskriptversion; inwieweit Korrekturen oder Aktualisierungen zulässig sind, sollte klargestellt werden.

Autor: André Sabellek, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover

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Am 12.10.2012 hat der Bundesrat in seiner Stellungnahme zum geplanten Leistungsschutzrecht für Presseverleger auch die Thematik eines Zweitveröffentlichungsrechts für wissenschaftliche Beiträge aufgegriffen.

Darin regt der Bundesrat an, in § 38 UrhG einen neuen Absatz 2a einzufügen, in welchem wissenschaftlichen Autoren, deren Beiträge im Rahmen von überwiegend durch öffentliche Mittel finanzierten Lehr- und Forschungstätigkeiten entstanden und in Sammlungen erschienen sind, ein nicht abdingbares Zweitverwertungsrecht eingeräumt werden soll. Dieses Recht solle dem Urheber die Möglichkeit eröffnen, sein Werk nach Ablauf von längstens sechs Monaten nach der Erstveröffentlichung unabhängig öffentlich zugänglich zu machen. Das Recht solle insbesondere auch dann gelten, wenn die Autoren an ihren Werken zuvor ausschließliche Nutzungsrechte eingeräumt haben. Als Einschränkung wird vorgeschlagen, dass das Zweitverwertungsrecht nur dann geltend gemacht werden dürfe, wenn die anderweitige Publikation keine wirtschaftlichen Zwecke verfolge.

Das Bestreben des Bundesrats ist von der Idee des Open Access für wissenschaftliche Erkenntnisse getragen. Der Vorschlag wird unter anderem damit begründet, dass der vereinfachte Zugang zu neuen wissenschaftlichen Werken einen stimulierenden Effekt für die Forschung haben könne. Nicht zuletzt diene dieser am Gemeinwohl orientierte Ansatz auch der finanziellen Entlastung der Universitätsbibliotheken. Er trage auch zu Verbesserung der Transparenz des Wissenschaftsbetriebes bei.

Autor: Dipl.-Jur. Malek Barudi, M.Jur. (Oxford), Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover

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Am 16.3.2011 hat die SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf zur Änderung des Urheberrechtsgesetzes eingebracht, der wissenschaftlichen Autoren ein unabdingbares Zweitverwertungsrecht für Beiträge sichern soll.

Ein solches Zweitverwertungsrecht soll den freien Austausch wissenschaftlicher Erkenntnisse sicherstellen und hohe Kosten für Wissenschaftseinrichtungen vermeiden. Konkret fordert die SPD-Fraktion die Einführung eines neuen § 38a UrhG, der Urhebern von wissenschaftlichen Beiträgen, die im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln finanzierten Lehr- und Forschungstätigkeit entstanden sind, auch bei Einräumung eines ausschließlichen Nutzungsrechts nach Ablauf von längstens sechs Monaten (Periodika) bzw. zwölf Monaten (Sammelwerken) das Recht zuspricht, den Inhalt nicht kommerziell öffentlich zugänglich zu machen.

Als Begründung führt die Fraktion an, dass Verlage in den vergangenen Jahren die Preise für Zeitschriften und andere Publikationen signifikant erhöht haben. Dieser Umstand gefährde den freien Austausch von Informationen insbesondere dann, wenn Wissenschaftseinrichtungen den Bezug von Zeitschriften aufgrund der hohen Kosten einstellen müssten. Darüber hinaus unterminiere die Markt- und Verhandlungsmacht der großen Verlage die Freiheit der wissenschaftlichen Autoren, sich ein Zweitverwertungsrecht vertraglich zusichern zu lassen. Das Preisdiktat der Verlage könnte mit der vorgeschlagenen Regelung ausgehebelt und ungleiche Verhandlungspositionen könnten relativiert werden.

Die Einfügung eines § 38a UrhG sei ein Paradigmenwechsel und fördere die bereits seit Jahren bestehende Forderung der "Open-Access-Bewegung", wissenschaftliche Erkenntnisse frei zugänglich zu machen. Zudem stärke die unabdingbare Regelung die Stellung der wissenschaftlichen Autoren gegenüber den Verlagen.

Interessant ist in diesem Zusammenhang unter anderem auch, dass die Forderung nach der Möglichkeit für Autoren, die Werke einem möglichst weiten Publikum zur Nachnutzung zugänglich zu machen, in ihrer Begründung kartellrechtliche Implikationen aufweist. Ob ein solches Zweitverwertungsrecht den Weg in das Urheberrechtsgesetz finden wird, wird der weitere Beratungsablauf zeigen. 

Autor: Malek Barudi, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover

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Gesetzesbeschluss (BT-Drs. 17/14194 vom 26.6.2013)

Gesetzentwurf der Bundesregierung (BT-Drs. 17/13423 vom 8.5.2013)

Gesetzentwurf der Bundesregierung (Stand: 5.4.2013)

Referentenentwurf des BMJ v. 20.2.2013

Stellungnahme Bundesrat Open Access, 2012-10-12

Gesetzentwurf SPD-Fraktion Zweitverwertungsrecht wissenschaftliche Beiträge



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 09.07.2013 13:57

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