Europäische Richtlinie über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen
Die Kommission hat am 15.1.2014 eine Stellungnahme zu dem Beschluss des Bundesrates zum Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen abgegeben (C (2014) 7 final) und die in wesentlichen Punkten übereinstimmenden Ansichten betont.
Hinweis: Materialien zu diesem Gesetzgebungsvorhaben können am Ende dieser Seite abgerufen werden.
Vorab hatte der Bundesrat in einer Stellungnahme vom 20.9.2013 (BRat-Drs. 563/13) ausdrücklich begrüßt, dass die Kommission durch die Richtlinie das Ziel verfolge, Marktzutrittsschranken durch nicht interoperable, rein nationale Standards für die elektronische Rechnungsstellung zu verringern. In weiteren Punkten der Stellungnahme weist der Bundesrat darauf hin, dass die elektronische Rechnungsstellung selbst weiterhin auf Freiwilligkeitsbasis durch die Unternehmen erfolgen müsse und das darauf zu achten sei, dass schließlich auch unabhängig davon, ob es sich um die Vergabe eines öffentlichen oder privaten Auftrags handele, ein einheitlicher Standard entstehe. Bei der nach der Verabschiedung der Richtlinie anstehenden Erarbeitung des standardmäßigen Systems müssten Wirtschaft, Verbände und öffentliche Verwaltung intensiv eingebunden und ein die Teilnehme überfordernder Komplexitätsgrad des Systems müsse vermieden werden.
Autor: Dipl.-Jur. Phillip Hofmann, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover
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Text der Vorversion(en):
Am 26.6.2013 hat die Europäische Kommission einen Entwurf für eine Richtlinie über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen vorgelegt (COM(2013) 449 final). Die elektronische Rechnungsstellung ist ein wesentlicher Bestandteil der europäischen E-Government-Strategie. Mit ihr wird das Ziel der papierlosen öffentlichen Verwaltung in und zwischen den Mitgliedsstaaten verfolgt. E-Government zu forcieren und damit den digitalen Binnenmarkt zu stärken, sind zwei wesentliche Komponenten der "Digitalen Agenda", die ein Grundpfeiler der Strategie "Europa 2020" darstellt. Als Rechtsgrundlage für die Richtlinie dient dementsprechend Art. 114 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union), welcher der EU das Recht einräumt, die notwendigen Maßnahmen zu treffen, um das Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten.
Gemeinsam mit der Richtlinie hat die Kommission eine Mitteilung zur durchgängig elektronischen Vergabe herausgegeben, in der sie die Richtlinie über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen in den Gesamtzusammenhang der Digitalisierung der öffentlichen Auftragsvergabe einordnet. Die elektronische Rechnungsstellung beschreibe hiernach einen Schritt hin zur vollständigen Digitalisierung der öffentlichen Auftragsvergabe (sog. "end-to-end-e-procurement"). Wesentlich hierfür sei eine stärkere Vereinheitlichung bestehender Systeme und Verfahren.
Ein wichtiges Ziel der Richtlinie über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen ist dementsprechend die Förderung von Interoperabilität zwischen divergierenden, nationalstaatlichen Systemen der elektronischen Rechnungsstellung. Der Vorschlag sieht vor, dass das Europäische Komitee für Normung (CEN) durch die Kommission damit zu beauftragen ist, eine neue europäische Norm für die elektronische Rechnungsstellung zu erarbeiten, die die Mindestanforderungen an die künftig zu nutzenden Systeme benennt (Art. 3 und 4 RL-Entwurf). Infolge der Notwendigkeit, verschiedene elektronische Rechnungsstellungssysteme bei wirtschaftlicher Betätigung in verschiedenen Mitgliedsstaaten nutzen zu müssen, entstünden bislang vermeidbare Betriebskosten, die die elektronische Rechnungsstellung weniger attraktiv für Unternehmen machten. Gleichzeitig leide die Rechtssicherheit unter der Ko-Existenz verschiedener Systeme. Nach Schätzungen der Kommission könne die Einführung der elektronischen Rechnungsstellung bei öffentlichen Ausschreibungen Einsparungen von bis zu 2,3 Mrd. EUR bewirken. Eine wesentliche Marktzutrittsschranke werde abgebaut. Ohne die angestrebte Harmonisierung stehe laut der Kommission hingegen zu befürchten, dass eine zeitgemäße, öffentliche Rechnungsstellung noch komplexer und kostspieliger würde, weil die zu erwartende Einführung zusätzlicher Systeme zur elektronischen Auftragsvergabe innerhalb der einzelnen Mitgliedsstaaten zu einer weiteren, insbesondere auch rechtlichen Fragmentierung führte und das Interoperabilitätsproblem verschärfte.
Praktisch sollen die Vergabebehörden verpflichtet werden, im Rahmen der öffentlichen Auftragsvergabe solche elektronische Rechnungen zu akzeptieren, die den Anforderungen der erarbeiteten Norm entsprechen. Bereits bestehende technische Lösungen könnten deshalb erhalten bleiben und müssten insoweit angepasst werden. Gleichzeitig liefere die Norm denjenigen Mitgliedstaaten, die die elektronische Rechnungsstellung noch nicht eingeführt haben, ein handhabbares Konzept. Für Unternehmen ergebe sich der Vorteil, dass sie nur noch in ein einziges System investieren müssten, um elektronische Rechnungen zu erstellen, die von jeder Vergabebehörde in allen Mitgliedsstaaten akzeptiert würden. Hieraus resultierten wiederum Impulse, das System von dem "Business-to-Government"-Anwendungsbereich auf "Business-to-Business"-Transaktionen auszuweiten.
Der Vorschlag der Kommission zur elektronischen Rechnungsstellung wird dem Ministerrat und dem Europäischen Parlament zur Annahme übermittelt.
Autor: Dipl.-Jur. Phillip Hofmann, Institut für Rechtsinformatik, Leibniz Universität Hannover
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Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament, den Rat, den europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zum Richtlinien-Vorschlag COM (2013) 449 final |
Vorschlag für eine Richtlinie über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen vom 26.6.2013_COM (2013) 449 final |