OLG Köln v. 10.6.2022 - 6 U 3/22
Anforderungen an Umweltangaben in Internet-Werbung
Die Umweltangaben sind bei Internet-Werbung nur dann tatsächlich gut lesbar, ebenso betont wie der Hauptteil der Werbebotschaft und auch bei flüchtigem Lesen leicht verständlich, wenn sie in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit den Angaben zur Motorisierung stehen - und nicht nur irgendwo weit hinter diesen, zwar im gleichem Layout, aber z.B. im Zusammenhang mit Ausführungen, bei denen der Verbraucher solche Angaben nicht mehr erwartet und/oder die den Verbraucher kaum noch interessieren.
Der Sachverhalt:
Der Kläger ist ein klagefähiger Umwelt- und Verbraucherschutzverband. Die Beklagte betreibt ein Autohaus. Am 22.5.2021 hatte die Beklagte – ebenso wie zahlreiche weitere A-Vertragshändler – in ihrem D-Auftritt mittels eines Posts einen 25 Sekunden langen automatisch ablaufenden Videoclip der D-Seite „A Motors DE“ mit dem vorangehenden Kommentar: „Passend zu unserem Angebot !!! Das ist mal günstige Werbung !!! […]“ geteilt. Der Videoclip lief automatisch vollständig ab, sobald sich der geteilte Post der Beklagten zum Großteil auf dem Bildschirm eines Internetnutzers befand; ein weiterer Mausklick war nicht erforderlich.
Nach 17 Sekunden erschien die Auflösung der Fußnote „1“ mit u.a. den Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen. Nach Ablauf des Videoclips begann dieser automatisch wieder von vorne. Unterhalb des Posts befand sich die Beschreibung: „Glänzende Nachrichten für alle B Fans! Unser praktischer City-Flitzer B 1.2 Benziner konnte beim E Autokosten-Check für Kleinwagen ein… Mehr ansehen“. Nach Betätigung des Buttons „Mehr ansehen“ erschienen u.a. die Angaben zum offiziellen Kraftstoffverbrauch und den spezifischen CO2-Emissionen.
Der Kläger sah in dem Posting einen Verstoß gegen § 5 Pkw-EnVKV, da die Beklagte nicht sichergestellt habe, dass die Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen automatisch in dem Augenblick zur Kenntnis gelangten, in dem erstmalig Angaben zur Motorisierung auf der Internetseite angezeigt würden. Er hat die Beklagte nach erfolgloser Abmahnung auf Unterlassung und Zahlung einer Abmahnkostenpauschale in Anspruch genommen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG die Entscheidung abgeändert und der Klage stattgegeben.
Die Gründe:
Der Kläger hat einen Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 UWG i.V.m. § 8 Abs. 3 Nr. 3, §§ 3, 3a UWG, § 5 Pkw-EnVKV und dessen Anlage 4, Abschnitt II Nr. 3.
Dass die Angaben zum Kraftstoffverbrauch und den CO2-Emissionen nach dem Anklicken des Links "Mehr anzeigen" auf der gleichen Seite angeben sind, wie die Angabe zur Motorleistung, genügt den Vorgaben der Pkw-EnVKV nicht. Die Umweltangaben sind bei Internet-Werbung nur dann tatsächlich gut lesbar, ebenso betont wie der Hauptteil der Werbebotschaft und auch bei flüchtigem Lesen leicht verständlich, wenn sie in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit den Angaben zur Motorisierung stehen - und nicht nur irgendwo weit hinter diesen, zwar im gleichem Layout, aber z.B. im Zusammenhang mit Ausführungen, bei denen der Verbraucher solche Angaben nicht mehr erwartet und/oder die den Verbraucher kaum noch interessieren. Der Einwand der Beklagten, die angegriffene Gestaltung sei mit der Werbeanzeige in einer gefalteten Zeitung vergleichbar und jedem User klar, dass der vollständige Inhalt eines Posts erst bei vollständiger Öffnung zu erkennen ist, ist ohne Belang. Die Umwelt-Informationen finden sich auf der nach Anklicken des Buttons "Mehr anzeigen" aufgeklappten Seite erst weit unterhalb der ersten (Werbe)Angaben zur Motorleistung.
Die vom LG vorgenommene „berichtigende Auslegung“ geht fehl. Es besteht kein Grund und erst Recht keine Notwendigkeit, die Anforderungen an die gesetzlichen Informationsplichten abzusenken. Der Verstoß gegen die Informationspflichten ist geeignet, die Interessen von Verbrauchern spürbar zu beeinträchtigen. Verstöße gegen verbraucherschutzrechtliche Informationspflichten sind regelmäßig spürbar. Bei den in der Werbung anzugebenden Werten zu Kraftfahrstoffverbrauch und CO2-Emissionen handelt es sich um auf das Unionsrecht zurückgehende verbraucherschützende Informationen, die stets wesentlich sind, und deren Vorenthaltung damit auch stets spürbar ist. Die für den Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr folgt aus der bereits vorgenommenen Verletzungshandlung.
Mehr zum Thema:
Aufsatz:
Werbung mit Klimaneutralität
Sönke Ahrens, IPRB 2021, 142
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