BVerfG v. 10.4.2024 - 1 BvR 2279/23

Erfolglose Verfassungsbeschwerde wegen der wörtlichen Veröffentlichung beschlagnahmter Tagebuchaufzeichnungen

Das BVerfG hat die Verfassungsbeschwerde eines Bankiers nicht zur Entscheidung angenommen, mit der sich dieser gegen die Abweisung seiner Klage auf Unterlassung der wörtlichen Wiedergabe von Auszügen aus seinen beschlagnahmten Tagebüchern wendet.

Der Sachverhalt:
Die Beklagte des Ausgangsverfahrens betreibt eine Internetseite, auf der sie im September 2020 einen Artikel veröffentlichte, in dem Auszüge aus den Tagebüchern des Beschwerdeführers wörtlich wiedergegeben wurden. Diese hatten die Strafverfolgungsbehörden zuvor im Rahmen eines gegen den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit sog. Cum-Ex-Geschäften geführten Ermittlungsverfahrens beschlagnahmt.

Daraufhin nahm der Beschwerdeführer die Beklagte des Ausgangsverfahrens gerichtlich auf Unterlassen der wörtlichen Wiedergabe der Tagebuchauszüge in Anspruch, blieb jedoch ohne Erfolg. Gegen die schließlich vollständige Abweisung seiner Klage durch den BGH (Urteil v. 16.5.2023 - VI ZR 116/22 -) wendet sich der Beschwerdeführer mit seiner Verfassungsbeschwerde.

Das BVerfG nahm die Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung an.

Die Gründe:
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Sie genügt offensichtlich nicht den gesetzlichen Begründungsanforderungen. Eine Verletzung des Beschwerdeführers in seinem allgemeinen Persönlichkeitsrecht aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG und eine Verletzung der zu seinen Gunsten bestehenden Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) sind nicht hinreichend dargetan.

Soweit der Beschwerdeführer u.a. beanstandet, dass der BGH die Vorschrift des § 353d Nr. 3 StGB nicht als Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB anerkannt hat, beziehungsweise, dass der BGH meint, eine etwaige Anwendung von § 353d Nr. 3 StGB als Schutzgesetz setzte für die Zuerkennung zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche jedenfalls eine Abwägung der widerstreitenden Grundrechtspositionen voraus, ist eine Missachtung der verfassungsrechtlichen Grenzen richterlicher Rechtsfindung durch den BGH, die dem Willkürverbot zuwiderliefe, nicht substantiiert vorgebracht. Sie ist auch nicht ersichtlich.

Zudem setzt sich die Verfassungsbeschwerde nicht substantiiert mit der seitens des BGH herangezogenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte auseinander, der es für die Anwendung eines strafrechtlichen Veröffentlichungsverbots nach portugiesischem Recht – dessen Vergleichbarkeit mit § 353d Nr. 3 StGB der Beschwerdeführer dahingestellt lässt und damit für das vorliegende Verfahren hinnimmt – beanstandet hat, dass es in seiner allgemeinen und absoluten Fassung den Richter an einer Abwägung mit den durch Art. 10 EMRK geschützten Rechten hindere.

Nach § 353d Nr. 3 StGB macht sich strafbar, wer amtliche Dokumente eines Strafverfahrens, ganz oder in wesentlichen Teilen, im Wortlaut öffentlich mitteilt, bevor sie in öffentlicher Verhandlung erörtert worden sind oder das Verfahren abgeschlossen ist.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Gerechtfertigte Verbreitung wörtlicher Zitate aus staatsanwaltschaftlicher Vernehmung
OLG Hamburg vom 19.3.2024 - 7 U 13/23
AfP 2024, 145

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 22.04.2024 16:20
Quelle: BVerfG PM Nr. 39 vom 22.4.2024

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