Generalanwalt Collins, 6 June 2024

EuGH: Schlussanträge im Streit um Bestpreisklausel - booking.com

Am 6 Juni 2024 hat Generalanwalt Anthony Collins seine Schlussanträge am EuGH in der Rechtssache C-264/23 Booking.com gestellt. In diesem Rechtsstreit ist der EuGH aus seiner Sicht "aufgerufen, zwei neue und wichtige Fragen zu beantworten, die sich bei der Anwendung von Wettbewerbsrecht auf digitale Märkte ergeben.

  • Sind die weite und die enge Bestpreisklausel Nebenabreden im Sinne von Art. 101 Abs. 1 AEUV?
  • Welche Rechtsgrundsätze gelten im Zusammenhang mit zweiseitigen digitalen Plattformen wie Booking.com für die Definition des relevanten Produktmarkts?"

Zur ersten Frage:

"Booking.com macht geltend, dass die enge und die weite Bestpreisklausel Nebenabreden seien, da sie Hotels daran hinderten, die Dienste des Unternehmens zu nutzen, ohne dafür zu bezahlen, und damit ein Trittbrettfahren vermieden. Die widerklagenden Hotels tragen vor, die Abschaffung der Klauseln im Jahr 2016 habe keine spürbaren negativen Auswirkungen auf die Tätigkeit von Booking.com gehabt, weshalb das Risiko des Trittbrettfahrens gering sei."

Zur zweiten Frage:

Wenn es sich bei den Bestpreisklauseln nicht um Nebenabreden handelt, muss für die Beurteilung, ob die alte Vertikal-GVO Anwendung findet, der relevante Produktmarkt abgegrenzt werden.

"Booking.com macht geltend, der relevante Produktmarkt sei der Markt für den Vertrieb und die Buchung von Hotelunterkünften, bei dem es sich um einen zweiseitigen Markt handele. Die verschiedenen Online- und Offline-Vertriebskanäle seien für Hotels und Endkunden substituierbar und gehörten daher zu demselben relevanten Produktmarkt."

"Die widerklagenden Hotels sind hingegen der Ansicht, dass die Online-Buchungsplattformen auf einem gesonderten Produktmarkt tätig seien, da sie Such-, Vergleichs- und Buchungsdienstleistungen anböten. Der Offline-Vertrieb von Hoteldienstleistungen und die direkten Vertriebskanäle der Hotels seien daher nicht Teil desselben relevanten Produktmarkts."

Empfehlung von Generalanwalt Collins

"Ich schlage dem Gerichtshof vor, die von der Rechtbank Amsterdam (Bezirksgericht Amsterdam, Niederlande) zur Vorabentscheidung vorgelegten Fragen wie folgt zu beantworten:
 

1. Art. 101 Abs. 1 AEUV ist dahin auszulegen, dass
es sich bei weiten und engen Bestpreisklauseln, die eine Online-Reisebüroplattform Hotels als Teil ihrer Geschäftsbedingungen auferlegen will, nicht um Nebenabreden handelt, es sei denn, sie sind unverzichtbar und angemessen, um die wirtschaftliche Überlebensfähigkeit der Online-Reisebüroplattform zu gewährleisten, was das vorlegende Gericht unbeschadet seiner Prüfung nach Art. 101 Abs. 3 AEUV zu beurteilen hat.

2. Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 330/2010 vom 20. April 2010 über die Anwendung von Artikel 101 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union auf Gruppen von vertikalen Vereinbarungen und abgestimmten Verhaltensweisen ist dahin auszulegen, dass
zur Berechnung des Marktanteils einer Online-Reisebüroplattform als Anbieter von Online-Vermittlungsdiensten für Hotels der relevante Produktmarkt in Bezug auf die Tätigkeiten einer Online-Reiseplattform, die zwischen Hotels und Endkunden vermittelt, abzugrenzen ist, indem geprüft wird, ob andere Vertriebskanäle aus der Sicht von Hotels und Endkunden substituierbar sind."

GA Collins, Schlussanträge in Rs. 264/23, 6 June 2024.

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 07.06.2024 19:46

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