Aktuell im ITRB

Der „Dateninhaber“ im Data Act – faktische Datenherrschaft als Ausweg aus der Definitionsmisere des Art. 2 Nr. 13 DA (Keppeler/Schneider/Nickel, ITRB 2024, 180)

Nach wie vor besteht kein einheitliches Begriffsverständnis des „Dateninhabers“ gem. Art. 2 Nr. 13 DA als zentralem Akteur der datenrechtlichen Regulierung, da der gesetzgeberischen Definition ein Zirkelschluss immanent ist. Der vorliegende Beitrag untersucht insoweit die einzelnen Definitionsmerkmale des Art. 2 Nr. 13 DA und bewertet den bisherigen Meinungsstand. Sodann stellt er das Erfordernis einer „faktischen Datenherrschaft“ des Dateninhabers dar und gibt einen Ausblick auf das zukünftige Begriffsverständnis.


I. Ausgangssituation

II. Definition des Dateninhabers gem. Art. 2 Nr. 13 DA

1. Natürliche oder juristische Person

2. Produktdaten oder verbundene Dienstdaten während der Erbringung eines verbundenen Dienstes

3. Berechtigt oder verpflichtet

a) Zirkelschluss in der Definition des Art. 2 Nr. 13 DA

b) Lösungsmöglichkeiten der Literatur, bisheriger Meinungsstand

aa) Argumente gegen das Erfordernis einer faktischen Datenherrschaft

(i) Definition des Dateninhabers in der Entwurfsfassung

(ii) Ziel des vereinfachten Datenzugangs

(iii) Weites Begriffsverständnis

bb) Argumente für das Erfordernis einer faktischen Datenherrschaft

(i) Effizienz der Umsetzung des Pflichtenkatalogs

(ii) Ausuferung des Anwendungsbereichs

(iii) Gesetzessystematik

cc) Zwischenergebnis

III. Bewertung: Erfordernis faktischer Datenherrschaft

IV. Ausblick


I. Ausgangssituation

In einer zunehmend digitalisierten und vernetzten Welt wächst das Bedürfnis nach einheitlicher Regulierung der Datennutzung. Der am 11.1.2024 in Kraft getretene Data Act (DA) nimmt sich dieser Thematik als Kernbaustein des Europäischen Datenwirtschaftsrechts an. Er fokussiert die verstärkte Nutzbarkeit von Daten. Eine zentrale Herausforderung besteht in der klaren Definition zentraler Begriffe, um den Anwendungsbereich und die Rechtsfolgen des DA klar abzustecken. Insb. die Bestimmung des Begriffs des Dateninhabers nach Art. 2 Nr. 13 DA erweist sich hierbei als problematisch. Nicht nur zwischen den verschiedenen Sprachfassungen des DA schleichen sich Differenzen ein. Auch im systematischen Vergleich innerhalb des DA bleibt die Definition vage und widersprüchlich. Sie ist unklar formuliert und wirft Abgrenzungsfragen auf. Vor allem liegt ein Zirkelschluss in der Definition des Dateninhabers, der dazu führt, dass das Gesetz nicht in intendierter Weise durch die Rechtsanwender genutzt werden kann.

Das Verständnis vom Dateninhaber als zentralem Akteur der DA-Regulierung ist essentiell für die ihm zugewiesenen Rechte und Pflichten. Aus diesem Grund haben sich in der Literatur bereits diverse Stimmen zur Begriffsdefinition geäußert. Sie fordern teils ein weiteres ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal in Form der faktischen Datenherrschaft, die diese Unklarheit ausgleichen soll. Im Folgenden wird die Definition des Dateninhabers inklusive ihrer einzelnen Tatbestandsmerkmale erörtert (II.). Schwerpunkt bildet dabei das Merkmal der Berechtigung oder Verpflichtung zur Bereitstellung oder Nutzung von Daten unter Zugrundelegung des bisherigen Streitstandes in der Literatur (II.2.). Sodann wird dieser Streitstand bewertet sowie die Frage des Erfordernisses einer faktischen Datenherrschaft im Detail untersucht und bejaht (III.). Der Beitrag schließt mit einem Ausblick auf das zukünftige Begriffsverständnis (IV.)

II. Definition des Dateninhabers gem. Art. 2 Nr. 13 DA

Der Begriff des Dateninhabers ist in Art. 2 Nr. 13 DA definiert als „eine natürliche oder juristische Person, die nach dieser Verordnung, nach geltendem Unionsrecht oder nach nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung des Unionsrechts berechtigt oder verpflichtet ist, Daten – soweit vertraglich vereinbart, auch Produktdaten oder verbundene Dienstdaten – zu nutzen und bereitzustellen, die sie während der Erbringung eines verbundenen Dienstes abgerufen oder generiert hat“.

Aus dieser Definition lassen sich verschiedene Tatbestandsmerkmale ableiten: (...)
 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 25.06.2024 14:46
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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