LG Düsseldorf v. 18.4.2024 - 14d O 1/23

Facebook-Sperre einer Vereinsseite ohne Angabe von Gründen rechtswidrig

Im Streit um die Sper­rung ihrer Face­book-Seite hat die Film­werk­statt Düs­sel­dorf einen Er­folg gegen den Di­gi­tal­kon­zern Meta er­zielt. Das LG Düs­sel­dorf ent­schie­d, dass die Sper­rung rechts­wid­rig war, da in der Sperrung ohne vorherige oder unverzüglich nach der Sperrung erfolgte Begründung und Anhörung ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung liege.

Der Sachverhalt:
Der Kläger, die Film­werk­statt Düs­sel­dorf, ist ein 1992 eingetragener und als gemeinnützig anerkannter Verein. Er ist ein Zusammenschluss aus Filmschaffenden und organisiert u.a. Online- und Präsenzveranstaltungen wie Ausstellungen, Konzerte, Film- und Seminarreihen. Im Rahmen seiner Öffentlichkeitsarbeit und der Bewerbung seines Angebots bewarb der Kläger seit 2014 seine Kulturveranstaltungen über seine bei der Beklagten eingerichtete Facebook-Seite mit der Bezeichnung „Filmwerkstatt Düsseldorf“.

Am 15.12.2021 sperrte die Beklagte die Facebook-Seite des Klägers, da auf einem Infobild zu dem Film „Der Schamane und die Schlange“ teilweise unbekleidete Kinder abgebildet seien, was einen Verstoß gegen Gemeinschaftsstandards darstelle. Eine Anhörung des Klägers zu dem Grund der Sperrung fand nicht statt.

Das LG gab der Klage auf Unterlassung der Sperrung statt.

Die Gründe:
Das LG Düsseldorf ist international zuständig gem. Art. 7 Nr. 2 der Verordnung (EG) Nr. 1215/2012 (EuGVVO). Der Kläger hat einen Anspruch auf Unterlassung gegen die Beklagte aus §§ 33 Abs. 1, 19 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. GWB. Die Beklagte ist Normadressatin von §§ 19, 20 GWB.

In der von der Beklagten vorgenommenen Sperrung ohne vorherige oder unverzüglich nach der Sperrung erfolgte Begründung und Anhörung, liegt ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung im Sinne einer Behinderung des Klägers gem. § 19 Abs. 2 Nr. 1 1. Alt. GWB. Die Behinderung des Klägers hat auch kartellrechtliche Relevanz. Entgegen der Auffassung der Beklagten handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Vorfall nicht nur um eine Vertragsverletzung im Einzelfall.

Das Vorgehen der Beklagten ist auch sachlich nicht gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung des BGH und den insoweit aufgestellten Mindestanforderungen an das Verfahren zur Sperrung von Nutzerkonten, ist der Nutzer umgehend über eine beabsichtigte Sperrung seines Nutzerkontos zu informieren, ihm ist der Grund dafür mitzuteilen und ihm ist eine Möglichkeit zur Gegenäußerung einzuräumen, an die sich eine Neubescheidung anschließt (vgl. BGH v. 29.7.2021 - III ZR 179/20). Zwar kann es nach Auffassung der Kammer in Ausnahmefällen auch gerechtfertigt sein, eine Löschung der Inhalte und gegebenenfalls eine Sperrung des Accounts unmittelbar und ohne vorherige Anhörung vorzunehmen, um etwa das bedeutsame Verbot der Nacktdarstellung von Minderjährigen effektiv durchzusetzen, sobald z.B. ein Algorithmus verbotene Inhalte erkennt. Allerdings muss eine effektive Möglichkeit bestehen, diese automatisierte Entscheidung zu überprüfen. Dies ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Unterlassung, Feststellung, Auskunft und Schadensersatz bezüglich erneuter Facebook-Kontosperrung
OLG München vom 20.09.2022 - 18 U 6314/20 PRE
CR 2023, 257

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 10.07.2024 11:21
Quelle: GFF online

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