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Wann ist ein Nutzungsvorbehalt gegenüber Text- und Data Mining maschinenlesbar und dem Rechtsinhaber zurechenbar? (Käde, CR 2024, 598)

Der Beitrag nimmt das Verfahren eines Fotoproduzenten gegen LAION zum Anlass, zum einen den urheberrechtlich relevanten Unterschied zwischen Crawling und Scraping beim Aufbereiten und Verfügbarmachen von KI-Trainingsdaten hervorzuheben. Zum anderen werden die für derartige Konstellationen typischen Fragen untersucht, ob § 44b UrhG auf das Training generativer KI-Modelle anwendbar ist, und wann ein Nutzungsvorbehalt gegenüber Vervielfältigungen zum Text- und Data Mining „maschinenlesbar“ ist. Dabei werden technische Zusammenhänge ebenso herausgearbeitet wie die Auswirkungen eines etwaigen Forschungsprivilegs.

Die Text- und Data Mining (TDM)-Schranke des § 44b UrhG steht im Zentrum der Diskussion darüber, ob mit fremden urheberrechtlich geschützten Daten insbesondere generative KI-Modelle trainiert werden dürfen. Dabei sind einige der Rahmenparameter der Schrankenregelung noch unklar, begonnen bei der Frage, ob § 44b UrhG auf das Training generativer KI-Modelle anwendbar ist, über die unklare Ausgestaltung eines Vorbehaltes, mit dem sich Urheber:innen bzw. Rechteinhaber:innen gegen eine Vervielfältigung ihrer Werke für TDM-Zwecke aussprechen können, die Frage nach dem Merkmal der „Maschinenlesbarkeit“ bis zur Beweislastverteilung. Darüber hinaus können bestimmte Forschungseinrichtungen sich in Bezug auf TDM auch auf den § 60d UrhG berufen, gegen den kein Vorbehalt erklärt werden kann.

Erstmals hat jetzt, drei Jahre nach der Einführung besagter Schrankenregelung, ein deutsches Gericht die Möglichkeit, die Vorschriften im Kontext künstlicher Intelligenz anzuwenden und auszulegen. In dem Fall klagt ein Fotograf bzw. Fotoproduzent (Kläger) gegen den gemeinnützigen Verein LAION e.V. (Beklagter). Letzterer habe ein Foto, das der Fotoproduzent auf einer fremden Webseite hochgeladen hatte, ohne Erlaubnis vervielfältigt und in einen Datensatz mit KI-Trainingsdaten („LAION-5B“) aufgenommen. Der Verein beruft sich auf die Schranken des § 44b UrhG und § 60d UrhG sowie auf die Möglichkeit zustimmungsfreier flüchtiger Vervielfältigungen nach § 44a UrhG.

Neuralgische Punkte im ersten Verfahren zu Urheberrecht und KI in Deutschland – oder: In the LAION’s Den

INHALTSVERZEICHNIS:

 

I. Was bisher geschah
II. LAION-5B – eher Register als Datensammlung?
III. Zentrale Rechtsfragen
    1. Anwendbarkeit der TDM-Schranke des § 44b UrhG
    2. Vorbehalt gem. § 44b Abs. 3 UrhG
        a) Erklärung eines Vorbehalts
        b) Zurechenbarkeit des Vorbehalts?
        c) Kriterium der Maschinenlesbarkeit
    3. Anwendbarkeit der TDM-Schranke des § 60d UrhG
    4. Verbreiten des Datensatzes als urheberrechtlich relevante Handlung?
IV. Fazit
 
 
I. Was bisher geschah
1

Der Kläger, ein Fotoproduzent, hatte Anfang 2023 festgestellt, dass Werke von ihm in den LAION-5B Datensatz aufgenommen worden waren, und bat LAION e.V. daraufhin, die Bilder aus dem Trainingsdatensatz zu entfernen. Er sah darin eine unberechtigte Vervielfältigungshandlung (§ 16 UrhG) und verlangte Löschung der Vervielfältigungsstücke (§ 98 Abs. 1 S. 1 UrhG).

2

Das Bild bzw. die Bilder hatte der Kläger wohl auf einer Agenturseite (bigstockphoto.com) veröffentlicht. Dort wurde in den Nutzungsbedingungen die Verwendung automatischer Programme u.a. zum Download von Website-Inhalten untersagt.1

3

LAION e.V. weigerte sich, die Bilder aus dem Datensatz herauszunehmen, erklärte, dass keine Vervielfältigungsstücke bei LAION vorlägen, die gelöscht werden könnten, weil keine Speicherung erfolge, und drohte mit der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gem. § 97a Abs. 4 UrhG für den Fall der unberechtigten Inanspruchnahme.

4

Daraufhin forderte der Fotoproduzent im März 2023 durch anwaltliches Schreiben Unterlassung und versuchte, einen Auskunftsanspruch (§ 101 UrhG) geltend zu machen. Der Verein sah jedoch seine Handlungen von den urheberrechtlichen TDM-Schranken gedeckt und verlangte Ersatz der Rechtsanwaltskosten. Im April 2023 erhob der Fotoproduzent Klage vor dem LG Hamburg gegen LAION e.V. Am 11.7.2024 war Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem LG Hamburg. Beide Seiten haben auf Social Media berichtet.2

 

II. LAION-5B – eher Register als Datensammlung?
5

LAION stellt grundsätzlich sowohl KI-Modelle (z.B. Openclip) als auch Datensätze (z.B. LAION-400M, LAION-5B) zum Training von KI-Modellen bereit3 . Um den Terminus des KI-Modells in den Kontext der KI-Verordnung (KI-VO) einzuordnen: (...)

 



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 21.08.2024 17:44

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