OLG Celle v. 20.8.2024 - 5 W 89/24

Streitwert bei Ansprüchen aus DSGVO gegen einen Telekommunikationsdienstleister im Rahmen eines "Massenverfahrens"

Bei einer Klage zur Geltendmachung von Ansprüchen aus der DSGVO gegen einen Telekommunikationsdienstleister im Rahmen eines "Massenverfahrens", die ihre Grundlage darin hat, dass Daten im Zusammenhang mit dem Mobilfunkvertrag zu Unrecht an die SCHUFA weitergegeben wurden, kann im Einzelfall tatsächlich von (ggf. sehr) erheblichen (wirtschaftlichen) Folgen für den jeweils Betroffenen ausgegangen werden.

Der Sachverhalt:
Der Kläger hatte in dem Hauptsacheverfahren gegen die Beklagte Ansprüche aus der DSGVO geltend gemacht. Die Beklagte erbringt Telekommunikationsdienstleistungen. Der Kläger hatte seine Klage darauf gestützt, dass die Beklagte - aus seiner Sicht zu Unrecht - Daten im Zusammenhang mit seinem Mobilfunkvertrag an die SCHUFA weitergegeben hatte. Er hatte mit seiner Klage als Ausgleich für behauptete Datenschutzverstöße die Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes i.H.v. 5.000 €, einen Feststellungsantrag betreffend die Ersatzpflicht der Beklagten hinsichtlich zukünftiger materieller Schäden sowie einen Unterlassungsantrag geltend gemacht.

Das LG hat der Klage in Bezug auf den Unterlassungsantrag stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Das LG hat den Streitwert für das erstinstanzliche Verfahren auf 11.000 € festgesetzt. Den Zahlungsantrag hat es dabei mit 5.000 € bemessen, den Antrag auf Unterlassung ebenfalls mit 5.000 € sowie den Feststellungsantrag mit 1.000 €. Hiergegen richtete sich die Streitwertbeschwerde der Beklagten, mit der sie beantragt hat, den Streitwert auf 6.000 € herabzusetzen.

Das OLG hat die Beschwerde der Beklagten zurückgewiesen.

Die Gründe:
Zwar hat der Senat in jüngster Vergangenheit mehrfach entschieden, dass in Verfahren, in denen eine Rechtsanwaltskanzlei massenhaft Verfahren anhängig gemacht hat, in denen sie für ihre jeweiligen Mandanten Ansprüche aus der DSGVO verfolgt, in der Regel davon ausgegangen werden kann, dass es den jeweiligen Klageparteien in erster Linie nur auf den mit der Klage verfolgten immateriellen Schadensersatzanspruch ankommt und die mit den Klagen ergänzend verfolgten Feststellungs-, Auskunfts- und/oder Unterlassungsklagen nur ein geringer Wert beizumessen ist, weil derartige Klageanträge in erster Linie "der Anreicherung des Prozessstoffs ohne ein wesentliches eigenes materielles Interesse der jeweiligen Klagepartei dienen" (vgl. Senat, Urt. v. 4.4.2024 - 5 U 77/23; Urt. v. 4.4.2024 - 5 U 31/23 u.a.). Und vergleichbare Umstände in dem vorgenannten Sinn bestanden an sich auch vorliegend.

Trotz dieser Umstände hat der Senat es vorliegend jedoch ausnahmsweise als geboten angesehen, von diesem Grundsatz abzuweichen. Das beruht auf der "speziellen Materie" des vorliegenden Rechtstreits, bei dem es darum ging, dass die Beklagte - nach Auffassung des Klägers sowie des LG zu Unrecht - bestimmte Daten an die SCHUFA weitergegeben hatte. Das aber konnte - wie gerichtsbekannt ist (§ 291 ZPO) - im Einzelfall tatsächlich (ggf. sehr) erhebliche (wirtschaftliche) Folgen für den jeweils Betroffenen nach sich ziehen, weshalb der Senat bei dieser speziellen "DSGVO-Verstoß-Fallkonstellation" nicht zu erkennen vermochte, dass der Unterlassungsantrag der jeweiligen Klagepartei letztlich gar nicht in deren eigenen Interesse gestellt worden ist, sondern ausschließlich oder zumindest ganz überwiegend dem Gebühreninteresse ihres Prozessbevollmächtigten dient.

Soweit die Beklagte in diesem Rahmen in der Beschwerdebegründung noch argumentiert hatte, dass sie die von dem Kläger monierte Einmeldung von Positivdaten an die SCHUFA eingestellt habe, und deshalb eine Wiederholungsgefahr nicht ersichtlich sei, war das zum einen rechtsirrig und zum anderen in dem hier erörterten Rahmen der Bemessung des Streitwertes sowieso von vornherein ohne Belang: Angesichts der aufgezeigten potentiellen wirtschaftlichen Gefahren, die bei einer Fallkonstellation wie der vorliegenden dem Betroffenen drohen können, erschien dem Senat schließlich auch die Bemessung des Wertes des Feststellungsantrages durch das LG als gut vertretbar.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung:
Darlegungslast für immateriellen DSGVO-Schadensersatzanspruch wegen Daten-Scrapings
OLG Oldenburg vom 21.5.2024 - 13 U 100/23
CR 2024, 524

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 02.09.2024 14:37
Quelle: Niedersächsisches Landesjustizportal

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