Kurzbesprechung

Zwingendes Dateiformat elektronischer Dokumente

1. Ein elektronisches Dokument ist jedenfalls bei führender elektronischer Akte nur dann im Sinne des § 52a Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet, wenn es in einem der in § 2 Abs. 1 der Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung (ERVV) genannten Dateiformate in der elektronischen Poststelle des Gerichts eingegangen ist. Ein Dokument, das bei einem Gericht nicht in dem nach § 52a Abs. 2 Satz 1 FGO i.V.m. § 2 Abs. 1 ERVV vorgeschriebenen Dateiformat PDF eingereicht wird, ist danach nicht formgerecht und wird nicht wirksam an das Gericht übermittelt.
2. Eine Verletzung dieser Formvorschrift begründet grundsätzlich ein die Wiedereinsetzung nach § 56 FGO hinderndes Verschulden, da für solche Fälle bereits die Vorschrift des § 52a Abs. 6 FGO eine verschuldensunabhängige Heilung vorsieht.

BFH-Beschluss v. 30.8.2024 - V R 1/24

FGO § 52a Abs 2 u. 6, § 56
ERVV § 2 Abs 1
GG Art 2 Abs 1, Art 20 Abs 3


Nach § 52a Abs. 1 FGO können unter anderem schriftlich einzureichende Anträge der Beteiligten nach Maßgabe von § 52a Abs. 2 bis 6 FGO als elektronische Dokumente bei Gericht eingereicht werden. Das elektronische Dokument muss für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet sein (§ 52a Abs. 2 Satz 1 FGO).

Nach § 52a Abs. 2 Satz 2 FGO bestimmt die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates technische Rahmenbedingungen für die Übermittlung und die Eignung zur Bearbeitung durch das Gericht. Nach dem auf dieser Grundlage erlassenen § 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV ist das elektronische Dokument im Dateiformat PDF zu übermitteln. Ist ein elektronisches Dokument für das Gericht zur Bearbeitung nicht geeignet, ist dies nach § 52a Abs. 6 Satz 1 FGO dem Absender unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Eingangs unverzüglich mitzuteilen. Das Dokument gilt als zum Zeitpunkt der früheren Einreichung eingegangen, sofern der Absender es unverzüglich in einer für das Gericht zur Bearbeitung geeigneten Form nachreicht und glaubhaft macht, dass es mit dem zuerst eingereichten Dokument inhaltlich übereinstimmt (§ 52a Abs. 6 Satz 2 FGO).

§ 2 Abs. 1 Satz 1 ERVV ordnet nach seinem Wortlaut ("ist") das für die Übermittlung als elektronisches Dokument zu verwendende Dateiformat verpflichtend an. Ein Dokument, das bei einem Gericht nicht in dem nach § 52a Abs. 2 Satz 1 FGO i.V.m. § 2 Abs. 1 ERVV vorgeschriebenen Dateiformat PDF eingereicht wird, ist danach nicht formgerecht und wird nicht wirksam an das Gericht übermittelt.

Der BFH schließt sich somit zur Anwendung von § 52a Abs. 2 FGO der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) an, nach dem ein als Word-Dokument übermittelter Schriftsatz nicht im Sinne von § 46c Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes i.d.F. des Art. 3 Nr. 2 des Gesetzes zur Förderung des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten vom 10.10.2013 (BGBl I 2013, 3786) für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet und damit formunwirksam eingereicht ist und dies auch dann gilt, wenn das Gericht ein IT-System nutzt, das im konkreten Fall die Bearbeitung eines solchen Dokuments zulässt.

Die Pflicht zur Verwendung des Dateiformats PDF bei Einreichung elektronischer Dokumente ist nach Auffassung des BFH auch verfassungsgemäß. Denn es ist nicht ersichtlich, dass die aus Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes verletzt sein könnte.

Im Streitfall hatte der Steuerpflichtige die Frist zur Einlegung der Revision versäumt. Wiedereinsetzung in die versäumte Frist nach § 56 FGO war nicht zu gewähren. Die Prozessbevollmächtigte des Steuerpflichtigen hatte schuldhaft die Frist zur Einlegung der Revision versäumt, denn Angehörige der rechts- und steuerberatenden Berufe müssen in der Regel das Verfahrensrecht kennen. Hiervon ist im elektronischen Rechtsverkehr jedenfalls auch die Pflicht umfasst, die zu übermittelnden Dokumente in dem in § 2 Abs. 1 ERVV genannten zwingenden Dateiformat zu übermitteln. Eine Verletzung dieser Formvorschrift begründet grundsätzlich ein die Wiedereinsetzung nach § 56 FGO hinderndes Verschulden, da für solche Fälle bereits die Vorschrift des § 52a Abs. 6 FGO eine verschuldensunabhängige Heilung vorsieht.



Verlag Dr. Otto Schmidt vom 19.09.2024 12:46
Quelle: Verlag Dr. Otto Schmidt

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