OLG Koblenz v. 11.2.2025 - 3 U 145/24

Scraping: Kontrollverlust an einem persönlichen in einem sozialen Netzwerk nicht öffentlich einsehbaren Datum

Der Annahme eines Kontrollverlusts an einem persönlichen in einem sozialen Netzwerk nicht öffentlich einsehbaren Datum durch einen Scraping-Vorfall steht nicht entgegen, dass der Nutzer dieses Datum schon außerhalb des Netzwerks bestimmten, von ihm bewusst ausgewählten, Empfängern bekannt gemacht hat. Der Antrag, es zu unterlassen, nicht durch Vertrag mit dem Netzwerkbetreiber oder Gesetz legitimierten Dritten nichtöffentliche personenbezogene Nutzerdaten über eine Software zum Importieren von Kontakten aufgrund einer von der Betreiberin eines sozialen Netzwerks gewählten datenschutzwidrigen Voreinstellung zugänglich zu machen, ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt.

Der Sachverhalt:
Die Klägerin begehrt von der Beklagten wegen eines sog. Scraping-Vorfalls auf der von ihr betriebenen Plattform "F." (dem Abgreifen von personenbezogenen Daten aus dem dort implementierten Kontakt-Import-Tool) Zahlung immateriellen Schadensersatzes, die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, ihm weitere künftige Schäden, die durch den Zugriff auf deren Datenarchiv entstanden sind, zu ersetzen, Unterlassung sowie die Erstattung von Kosten vorgerichtlicher anwaltlicher Vertretung.

Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin gab das OLG der Klage teilweise statt.

Die Gründe:
Die Klägerin kann die Zahlung eines immateriellen Schadensersatzes verlangen. Soweit ihr Begehren den Betrag von 100 € übersteigt, ist ihre Berufung jedoch unbegründet. Ferner steht ihr der geltend gemachte Feststellungsanspruch zu. Außerdem hat sie teilweise Anspruch auf Unterlassung. Schließlich kann die Klägerin die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten beanspruchen.

Der Annahme eines Kontrollverlusts an einem persönlichen in einem sozialen Netzwerk nicht öffentlich einsehbaren Datum durch einen Scraping-Vorfall steht nicht entgegen, dass der Nutzer dieses Datum schon außerhalb des Netzwerks bestimmten, von ihm bewusst ausgewählten, Empfängern bekannt gemacht hat (anders OLG Hamm v. 5.11.2024 - 7 U 83/24).

Der Antrag, es zu unterlassen, nicht durch Vertrag mit dem Netzwerkbetreiber oder Gesetz legitimierten Dritten nichtöffentliche personenbezogene Nutzerdaten über eine Software zum Importieren von Kontakten aufgrund einer von der Betreiberin eines sozialen Netzwerks gewählten datenschutzwidrigen Voreinstellung zugänglich zu machen, ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt (Anschluss an BGH v. 18.11.2024 - VI ZR 10/24).

Die sich aus der datenschutzwidrigen Verarbeitung ergebende Verletzung des Rechts auf informationelle Selbststimmung (Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG) ist geeignet, einen Unterlassungsanspruch des Nutzers aus § 280 Abs. 1 BGB i. V. m. § 241 Abs. 2 BGB und dem zwischen ihm und dem Netzwerkbetreiber geschlossenen Vertrag zu begründen. Die Wiederholungsgefahr ist nicht ausgeräumt, wenn die Betreiberin des sozialen Netzwerks den Datenschutzverstoß zwar abgestellt hat, sich gleichwohl aber ausdrücklich als zu dem inkriminierten Verhalten berechtigt ansieht.

Die erkennbar generalisierende Erläuterung des Betreibers eines sozialen Netzwerks zur "möglichen" Nutzung personenbezogener Daten kann kein Rechtsschutzbedürfnis des Nutzers für einen Antrag begründen, der auf die Unterlassung eines Verhaltens gerichtet ist, das er selbst durch den Widerruf einer etwa erteilten Einwilligung oder Ausübung angebotener Einstellungsmöglichkeiten abstellen kann.

Mehr zum Thema:

Rechtsprechung
Schadensersatz für Facebook-Scraping
BGH vom 18.11.2024 - VI ZR 10/24
Markus Rössel, ITRB 2025, 8
ITRB0074184

Rechtsprechung
Urteil
OLG Hamm vom 05.11.2024 - 7 U 83/24

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Verlag Dr. Otto Schmidt vom 24.02.2025 13:48
Quelle: Landesrecht Rheinland-Pfalz

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