EuGH v. 27.2.2025 - C-203/22
Auskunftsanspruch bei automatisierter Bonitätsbeurteilung
Eine von einer automatisierten Bonitätsbeurteilung betroffene Person hat das Recht, zu erfahren, wie die sie betreffende Entscheidung zustande kam. Die Erläuterung muss es ihr ermöglichen, die automatisierte Entscheidung nachzuvollziehen und sie anzufechten.
Der Sachverhalt:
Ein Mobilfunkanbieter in Österreich verweigerte der klagenden Kundin den Abschluss eines Vertrags, da diese über keine ausreichende Bonität verfüge. Der Anbieter stützte sich dafür auf eine Bonitätsbeurteilung der Klägerin, die von der beklagten Dun & Bradstreet Austria, einem auf die Erstellung solcher Beurteilungen spezialisierten Unternehmen, automatisiert durchgeführt worden war. Der Vertrag hätte die Kundin zu einer mtl. Zahlung von 10 € verpflichtet.
Im Rahmen des daran anschließenden Rechtsstreits stellte ein österreichisches Gericht rechtskräftig fest, dass die Beklagte gegen die DSGVO verstoßen habe. Die Beklagte habe der Klägerin keine "aussagekräftigen Informationen über die involvierte Logik" der betreffenden automatisierten Entscheidungsfindung übermittelt. Zumindest habe die Beklagte nicht hinreichend begründet, weshalb es nicht in der Lage sei, solche Informationen zu übermitteln.
Das österreichische Gericht, an das sich die Klägerin für die Vollstreckung der gerichtlichen Entscheidung wandte, fragt sich, welche Handlungen die Beklagte in diesem Zusammenhang konkret vornehmen muss. Es hat das Verfahren ausgesetzt und dem EuGH Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt und um Auslegung der DSGVO und der Richtlinie (EU) 2016/943 über den Schutz von Geschäftsgeheimnissen ersucht.
Die Gründe:
Der Verantwortliche muss das Verfahren und die Grundsätze, die konkret zur Anwendung kommen, so beschreiben, dass die betroffene Person nachvollziehen kann, welche ihrer personenbezogenen Daten im Rahmen der automatisierten Entscheidungsfindung auf welche Art verwendet wurden. Für die Erfüllung der Erfordernisse der Transparenz und der Nachvollziehbarkeit könnte es u.a. ausreichen, die betroffene Person zu informieren, in welchem Maße eine Abweichung bei den berücksichtigten personenbezogenen Daten zu einem anderen Ergebnis geführt hätte. Die bloße Übermittlung eines Algorithmus stellt jedoch keine ausreichend präzise und verständliche Erläuterung dar.
Ist der Verantwortliche der Ansicht, dass die zu übermittelnden Informationen geschützte Daten Dritter oder Geschäftsgeheimnisse umfassen, hat er diese angeblich geschützten Informationen der zuständigen Aufsichtsbehörde oder dem zuständigen Gericht zu übermitteln. Diese müssen die einander gegenüberstehenden Rechte und Interessen abwägen, um den Umfang des Auskunftsrechts der betroffenen Person hinsichtlich dieser Informationen zu ermitteln.
Die DSGVO steht der Anwendung einer nationalen Bestimmung entgegen, die das in Rede stehende Auskunftsrecht grundsätzlich ausschließt, wenn die Auskunft ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis des Verantwortlichen oder eines Dritten gefährden würde.
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