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Melderecht: die Fakten

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Viel Aufregung um das Bundesmeldegesetz  (BMG), das der Bundestag vorletzte Woche verabschiedet hat. Für jede Menge Zorn sorgt § 44 BMG (http://www.tagesschau.de/inland/meldewesen112.html). § 44 BMG regelt die Voraussetzungen, unter denen das Meldeamt Bürgern und Unternehmen Auskünfte erteilen darf.

Wie ist die derzeitige Rechtslage?

Das Melderegister ist ein öffentliches Register. Und die Einholung von Melderegisterauskünften gehört besipielsweise zum Alltagsgeschäft jeder Anwaltskanzlei. Mandanten möchten Forderungen beitreiben, der Schuldner ist „abgetaucht“. Gegen eine Verwaltungsgebühr von einigen Euro erteilt das Meldamt eine „einfache Melderegisterauskunft“: Vor- und Zuname, Doktorgrad, Anschrift (§ 21 Abs. 1 Satz 1 Melderechtsrahmengesetz, MRRG). All diese Daten lassen sich in beliebiger Menge abfragen (so ausdrücklich § 21 Abs. 1 Satz 2 MRRG), ohne dass es irgendeines Nachweises bedarf, wofür die Daten benötigt werden.

Da das Melderegister als öffentliches Register geführt wird, steht es auch jedem Unternehmen für Auskünfte offen. Dies gilt beispielsweise auch für Inkassounternehmen oder die Versender von Werbepost.

Was ändert sich für Unternehmen?

Unternehmen, die Melderegisterauskünfte einholen, um Adressen zu Werbezwecken oder zum Adresshandel zu nutzen, werden durch § 44 Abs. 1 Satz 2 BMG dazu verpflichtet, dies anzugeben. Diese Verpflichtung ist neu. Nach bisherigem Recht müssen sich Adresshändler nicht „outen“, wenn sie Meldeauskünfte einholen.

Und noch mehr: Jeder Bürger soll in Zukunft berechtigt sein, der Erteilung von Meldeauskünften an Adresshändler und Werbetreibende zu widersprechen. Und die Meldeämter sollen verpflichtet werden, jeden Bürger bei der Anmeldung auf sein Widerspruchsrecht hinzuweisen.

Warum die ganze Aufregung?

Unter Federführung des Bundesinnenministeriums hatte die Bundesregierung Ende letzten Jahres einen Gesetzesentwurf vorgelegt, der die Erteilung von Meldeauskünften an Adresshändler und Werbetreibende von einer Einwilligung der Betroffenen abhängig machte (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/077/1707746.pdf). Der Innenausschuss des Deutschen Bundestages schlug statt der Notwendigkeit einer Einwilligung („Opt-In“) eine Widerspruchslösung („Opt-Out“) vor (http://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/17/101/1710158.pdf). Der Bundestag hat diesen Änderungsvorschlag gebilligt.

Dürfen Adressen jetzt verkauft werden?

Die Ersteilung von Meldeauskünften ist und bleibt gebührenpflichtig. Wenn man dies als „Kauf“ bezeichnen würde, müsste man beispielsweise auch davon sprechen, dass Bauämter massenhaft Baugenehmigungen „verkaufen“. Denn auch Baugenehmigungen und andere Amtshandlungen sind nicht gebührenfrei.

Erleichtert das neue Gesetz den Adresshandel?

Fakt ist, dass § 44 BMG (auch) in der jetzt verabschiebeten Form Adresshändlern und Werbetreibenden den Zugang zum Melderegister keineswegs erleichtert, sondern erschwert. Nach bisherigem Recht gab es nicht einmal ein Widerspruchsrecht („Opt-Out“).

 

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Mehr zum Autor: RA Prof. Niko Härting ist namensgebender Partner von HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin. Er ist Mitglied der Schriftleitung Computer und Recht (CR) und ständiger Mitarbeiter vom IT-Rechtsberater (ITRB) und vom IP-Rechtsberater (IPRB). Er hat das Standardwerk zum Internetrecht, 6. Aufl. 2017, verfasst und betreut den Webdesign-Vertrag in Redeker (Hrsg.), Handbuch der IT-Verträge (Loseblatt). Zuletzt erschienen: "Datenschutz-Grundverordnung".

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