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Wissenschaftler gegen Leistungsschutzrecht für Verleger

avatar  Niko Härting

Die schwarz-gelbe Bundesregierung möchte ein Leistungsschutzrecht für Presseverlage einführen. Am morgigen Abend berät der Bundestag in erster Lesung über ein entsprechendes Gesetzesvorhaben (zum Thema siehe Wimmers, „Leistungsschutzrecht im Leerlauf? – Suchmaschinen als Dienste rein technischer, automatischer und passiver Art“, CR 2012, 663). Google hat sich – wenig überraschend – gegen ein solches Gesetz ausgesprochen und fordert Google-Nutzer dazu auf, bei den Abgeordneten gegen das Vorhaben zu protestieren. Die Bundesjustizministerin reagiert empört und sieht in dem Widerstand gegen das Gesetz den Versuch, „die Meinungsbildung zu monopolisieren“. Indirekt fordert die Ministerin sogar einen Google-Boykott:  „Es gibt noch andere Suchanbieter als Google“  („Bundesjustizministerin ruft indirekt zum Boykott von Google auf“, Der Tagesspiegel digital v. 27.11.2012).

Die Ministerin misst mit zweierlei Maß: Nicht ganz unbedeutend für die „Meinungsbildung“ sind die Presseverlage, die von dem Schutzrecht profitieren sollen und die sich seit langer Zeit wortmächtig für die Einführung eines Leistungsschutzrechts aussprechen (beispielsweise der Bundesverband deutscher Zeitungsverleger, BDZV, „Leistungsschutzrecht für Verlage – Fakten und Argumente“). Müsste die Ministerin angesichts derartiger Lobbyarbeit nicht sagen: „Es gibt noch andere Informationsanbieter als FAZ und Tagesspiegel“?

Bei dem geplanten Leistungsschutzrecht geht es ganz maßgeblich darum, dass die Verlage Google zur Kasse bitten möchten, wenn Google Werbeeinnahmen kassiert mit Seiten, die mit Verlagsinhalten verlinkt sind. Dass Google sich gegen ein solches Ansinnen wehrt, ist ebenso verständlich wie legitim. Auch ein (vermeintlicher) „Monopolist“ hat hierzulande das Recht zur freien Rede.

Und Google steht mit den Bedenken gegen die Pläne der Bundesregierung keineswegs allein. Das Max Planck Institut für Immaterialgüter- und Wettbewerbsrecht hat gestern eine von zahhlreichen Wissenschaftlern mitgetragene Stellungnahme veröffentlicht und dargelegt, weshalb das Gesetzesvorhaben in keiner Weise sinnvoll und überzeugend ist („Stellungnahme zum Gesetzesentwurf für eine Ergänzung des Urheberrechtsgesetzes durch ein Leistungsschutzrecht für Verleger“ v. 27.11.2012).

Was sagt die Ministerin zu diesen Einwänden?

 

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Mehr zum Autor: RA Prof. Niko Härting ist namensgebender Partner von HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin. Er ist Mitglied der Schriftleitung Computer und Recht (CR) und ständiger Mitarbeiter vom IT-Rechtsberater (ITRB) und vom IP-Rechtsberater (IPRB). Er hat das Standardwerk zum Internetrecht, 6. Aufl. 2017, verfasst und betreut den Webdesign-Vertrag in Redeker (Hrsg.), Handbuch der IT-Verträge (Loseblatt). Zuletzt erschienen: "Datenschutz-Grundverordnung".

Ein Kommentar

  1. avatar woksoll
    Veröffentlicht 28.11.2012 um 13:23 | Permalink

    Eine kleine Korrektur:
    „Bei dem geplanten Leistungsschutzrecht geht es ganz maßgeblich darum, dass die Verlage Google zur Kasse bitten möchten, wenn Google Werbeeinnahmen kassiert mit Seiten, die mit Verlagsinhalten verlinkt sind. “

    Die Google-News Seiten sind werbefrei: http://news.google.de/

    Die Argumentation der Pressetraditionalisten hebt auf was anderes ab:
    1.) Google News macht auf unser Angebot aufmerksam, in dem man Überschrift und ein Schnipplett zeigt. Macht also kostenlos Werbung für uns.
    1a.) Noch schlimmer: Nimmt man die Googlesuchmaschine und gibt ein tagesaktuelles Beispiel einer Ãœberschrift der Frankfurter Rundschau („Kieler Ministerin kritisiert Armutsbericht des Bundes“), dann sind die Suchergebnisse auch werbungsfrei. Es besteht also kein Zusammenhang zwischen Presse und Werbung bei Google.
    2.) Google verdient Geld mit anderen Diensten durch Werbung.
    3.) Die Werbeträger wandern von uns ab und gehen zu Google.
    4.) Unser Angebot ist für Werbeträger unattraktiv, also wollen wir ohne Attraktivität einfach Geld von Google, weil die es schaffen, ein attraktives Angebot zu machen.

    Das ist ungefähr so, als wenn VW sagt: mein Phaeton geht schlecht, aber Daimler verdient Geld. Also lobbyiert VW die Regierung, damit sie ein Gesetz macht, dass Daimler Teile des Umsatzes an VW abzuführen, weil die Kunden es nicht wollen. Sozialismus und Zwangsverwaltungswirtschaft halt. Das ist der Kern des LexKeese: eine antiamerikanische, sozialistische Zwangsverwaltungswirtschaft ohne den lästigen Markt. Dafür sinde ehemalige FDJ-Sekretärinnen die verständnisvollen Ansprechpartnerinnen.

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