Bundesjustizminister Heiko Maas hat anlässlich des heutigen „Safer Internet Day“ angekündigt, das Unterlassungsklagengesetz (UKlG) zu ändern und den Verbraucherschutzverbänden ein Klagerecht gegen Datenschutzverstöße einzuräumen („Mailen, Surfen, Chatten – Wie ist die Privatsphäre zu retten?“, Pressemitteilung des BMJ v. 11.2.2014). Ein solches Klagerecht gibt es derzeit nur bei AGB-Bestimmungen mit datenschutzrechtlichem Bezug.
Zusammenwachsende Anliegen und Instrumentarien
Abmahnungen und Unterlassungsklagen sind ein bewährtes Instrumentarium des Verbraucherschutzes. Und der Verbraucherschutz ist in den letzten Jahren mehr und mehr zu einem der zentralen Anliegen des Datenschutzrechts geworden. Folglich erscheint es konsequent, das Datenschutzrecht per Abmahnung und Unterlassungsklage durchzusetzen, soweit es um Verbraucherinteressen geht. Ebenso konsequent ist es, die Verbraucherschutzzentralen auf diese Weise noch stärker als bisher zu einer Anlaufstelle von Verbrauchern zu machen, wenn es um Datenschutzverstöße geht.
Datenschutz qua Abmahnung
Die Durchsetzung des Datenschutzrechts per Abmahnung ist allerdings keineswegs ein neues Phänomen:
- Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) führt bereits öffentlichkeitswirksame Gerichtsverfahren gegen Google und Facebook, in denen es darum geht, ob die Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Internetanbieter datenschutzkonform sind. Der kleine Umweg über das AGB-Recht gibt den Verbraucherschutzverbänden somit bereits nach heutigem Recht die Möglichkeit, gegen (vermeintliche) Datenschutzverstöße von Unternehmen vorzugehen.
- In jüngerer Zeit haben zudem mehrere Oberlandesgerichte bei Datenschutzverstößen einen Verstoß gegen das Wettbewerbsrecht bejaht (§ 4 Nr. 11 UWG).
Folge: Die Verbraucherschutzverbände haben ein Klagerecht aus § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG (vgl. Härting, „Sind Datenschutzverstöße abmahnfähig? Ein Rechtsprechungsüberblick.“, CRonline Blog v. 24.7.2013). Hier fehlt zwar noch ein klärendes Wort des BGH. Dass der BGH die wettbewerbsrechtliche Abmahnfähigkeit von Datenschutzverstößen vollständig verneinen wird, erscheint indes nicht sehr wahrscheinlich.
Datenschutz als Spezialmaterie des Verbraucherschutzes?
Die vom Minister angekündigte Reform ist somit alles andere als revolutionär. Sie würde zur endgültigen Konsolidierung einer Entwicklung führen, die bereits seit Jahren im Gange ist. Der Datenschutz würde in einem wesentlichen Teilbereich zu einem Spezialgebiet des Verbraucherschutzes.
Dies wirft indes eine ganz grundsätzliche Frage auf: Wieso wird der Verbraucherdatenschutz nicht vollständig in das Verbraucherschutzrecht integriert mit der Konsequenz, dass die Durchsetzung nicht mehr – wie bisher – Aufgabe staatlicher Datenschutzbehörden ist, sondern den verbraucher- und wettbewerbsrechtlichen Durchsetzungswegen überlassen bleibt?
Verbraucherschutz ohne staatliche Behörde
Aus gutem Grund gibt es in Deutschland ja auch in den meisten anderen Bereichen des Verbraucherschutzes keine staatliche Behörde, die – ähnlich wie die amerikanische Federal Trade Commission (FTC) – das Verbraucherschutzrecht durchsetzt.
Aufgabenentlastung für Datenschutzbehörden
Würde man die Datenschutzbehörden von der Aufgabe entlasten, mit Unternehmen über AGB und anderes Kleingedruckte zu streiten, könnten die frei werdenden Kapazitäten genutzt werden für Aufgaben, die kein Verbraucherschutzverband übernehmen kann wie etwa:
- den Schutz der Bürgerrechte gegen den informationshungrigen Staat und
- die sachkundige Begleitung von Unternehmen, die komplexe Datenverarbeitungssysteme implementieren und fortentwickeln möchten.