Die Regionalgruppe Köln der Gesellschaft für Informatik e.V. hat gestern einen hochinteressanten Themenabend zum Thema „Digital Währungen“ veranstaltet, in dem drei Referenten das Phänomen „Bitcoin“ aus der technischen und kaufmännischen Perspektive beleuchtet haben. Die drei Vorträge sind bald im Internet auf der Homepage der GI Regionalgruppe Köln verfügbar.
So spannend wie der Themenabend war, so problematisch ist das Bitcoin-System.
Was sind Bitcoins?
Aus technischer Sicht ist Bitcoin ein dezentrales, kryptografisches System zur sicheren Verwaltung und Transferierung von Guthaben einzelner Akteure in einer künstlichen Maßeinheit, den sogenannten Bitcoins.
Neue Bitcoins können nur durch aktive Partizipation in den kryptografischen Sicherheitsmaßnahmen des Systems geschaffen werden – das ist das sogenannte „Bitcoin-Mining“.
Bitcoins kann es nur bis zu einer technisch definierten globalen Höchstgrenze von 21 Mio. Bitcoins geben. Bitcoins sind also ein durch mathematische Verfahren künstlich verknapptes, immaterielles Gut. Diese Eigenschaft unterscheidet Bitcoins z.B. von Computerprogrammen oder digitalen Musikstücken, die beliebig vervielfältigt werden können.
Bitcoins haben keine Seriennummer, sondern existieren quasi nur als Differenz in mathematischen Gleichungen. Das Guthaben eines einzelnen Akteurs berechnet sich durch den Saldo aller seiner Transaktionen seit Anbeginn der Zeit (2009 = anno bitcoin).
Was kann man mit Bitcoins machen? Horten, Handeln & Bezahlen
Zunächst kann man Bitcoins horten: Die kryptografischen Verfahren gewähren nach heutigem Stand der Technik, dass es extrem unwahrscheinlich ist, dass jemand, der den notwendigen privaten Schlüssel nicht kennt, Bitcoins ohne Erlaubnis des Besitzers des privaten Schlüssels transferiert.
Währungselemente: Man kann Bitcoins heute in reale Währungen tauschen oder Bitcoins mit Hilfe realer Währungen erwerben. Dieser Dienste werden von verschiedenen Stellen im Internet angeboten (z.B. Bitcoin-Marktplatz). Es gibt auch bereits Geldautomaten, die eine Schnittstelle zwischen realer Währung (z.B. Euro) und Bitcoin bieten. Der Preis der Bitcoins ergibt sich dabei im Wesentlichen nach Angebot und Nachfrage und fluktuiert sehr stark. Der aktuelle Kurs ist ca. 366 Euro für eine Bitcoin. Der Kurs lag auch schon mal bei über 600 €. Im Moment sind Bitcoins im Wert von ca. 4 Mrd. Euro im Umlauf.
Bei manchen Online- und Offline-Shops kann man bereits mit Bitcoin bezahlen (siehe Liste unter „Trade“ im „Bitcoin wiki“).
Personenbezug von Bitcoin-Transaktionen?
Bitcoin-Transaktionen finden zwischen Bitcoin-Adressen statt. Diese „gehören“ dem Besitzer eines bestimmten privaten Schlüssels. Solange dieser Besitzer seine Identität nicht preisgibt oder gehackt wird, ist die Transaktion nicht zu einer bestimmten natürlichen Person zurück verfolgbar.
Falls also jemand Drogen, Kinderpornografie oder Waffen, ggf. sogar grenzüberschreitend, per Bitcoin bezahlt, muss einiger Aufwand getrieben werden, um seine Identität alleine anhand der Transaktion zu ermitteln.
Dieser Umstand führt direkt zur Diskussion der Probleme von Bitcoin:
- Problem 1: Außerhalb des Systems staatlicher Währungen und Banken
Für die Verfechter von Bitcoins ist dieser Umstand kein Problem sondern einer der Kernvorteile. Man kann mit Bitcoins global und anonym bezahlen, ohne dass der Staat oder Banken diese Zahlungen kontrollieren können. Wie jede brilliante Technologie haben Bitcoins natürlich die Kehrseite, dass das System auch für illegale Aktivitäten interessant wird. Manche Staaten verbieten Bitcoins aus diesem Grund bereits.
Zudem fallen alle Formen von staatlichen Garantien wie Einlagensicherung etc. weg.
- Problem 2: Kein gültiges Zahlungsmittel
Jeder Schuldner im Euro-Währungsraum hat das Recht, seine Schulden mit Euros zu begleichen. Dieses Recht ist ein Teil der Legaldefinition einer echten Währung. Ohne dieses Recht ist der Besitzer einer Bitcoin in der gleichen (schlechten) Position wie jemand, der mit ein paar Tüten Cornflakes (oder einem Bild von Picasso) seine Miete zahlen will.
Aus diesem Grund sehen die Finanzämter weltweit Bitcoin eher als immaterielle Vermögensgegenstände an, bei deren Handel Veräußerungsgewinne in realen Währungen zu versteuern sind.
- Problem 3:Â Nachweisbarkeit + rechtliche Einordnung von Bitcoin-„Diebstahl“
Bitcoins sind nur schwer bestimmbar, da sie nur die Differenz von Transaktionen einer künstlichen Maßeinheit sind, keine eigene Seriennummer haben und nur als Immaterialgut existieren (siehe „Was sind Bitcoins“ oben).
Wenn nun jemand eine informationstechnische Berechnung ausführt, die dazu führt, dass mein Guthaben kleiner und sein Guthaben größer wird, stellt sich die Frage, gegen welches Gesetz dieser Mensch hier genau verstoßen hat. Intuitiv würde ich ihn als Dieb bezeichnen. Juristen ordnen den Vorgang allerdings eher im Bereich Betrug ein.
Hinzu kommt, dass dieser ganze „Diebstahl“ rein virtuell stattfindet und keinerlei Spuren hinterlassen muss. Hat der „Dieb“ die richtigen privaten Schlüssel (oder ein Verfahren, um diese zu ersetzen), so kann man den Transaktionen nicht ansehen, ob sie vom eigentlichen „Besitzer“ der Bitcoins ausgeführt worden sind oder nicht. Hier wäre man auf andere Indizien und technische Spuren angewiesen.
Fazit
Aus meiner Sicht sind Bitcoins ein faszinierendes mathematisch-informationstechnisches Kunstprodukt, das als wesentliche Eigenschaften eine hohe Manipulationssicherheit und eine immanente Knappheit hat.
Auf Grund der – von den Verfechtern von Bitcoins explizit gewünschten – Loslösung von staatlicher Kontrolle und damit auch staatlichen Garantien ist es fraglich, ob Bitcoins oder andere nicht-staatliche, digitale Tauschmittel (nicht: Währungen) jemals ihr Nischendasein verlassen können.