Der Entwurf eines „Netzwerkdurchsetzungsgesetzes“ (NetzDG) hat Bewegung in die Debatte um „Hate Speech“ gebracht (zu den Möglichkeiten für Netzwerk-Betreiber, ohne NetzDG durch Löschungen und Sperrungen von Beiträgen und Nutzerprofilen gegen Hate Speech, Fake News und Social Bots vorzugehen, siehe Elsaß/Labusga/Tichy, CR 4/2017, 234 ff.). Es geht um die Balance zwischen Persönlichkeitsrechten und der Kommunikationsfreiheit. Und es geht um Facebook. Zeit, dass sich Facebook stärker als bisher für die freie Kommunikation stark macht.
Hass im Netz: ein reales Problem
Wer Facebook und Twitter nutzt, weiß, dass hasserfüllte Kommentare an der Tagesordnung sind. Ein reales Problem, oft auch eine Herausforderung für Staatsanwaltschaften und Justiz, die viel zu selten einschreiten.
Meinungsfreiheit: Freiheit der Außenseiter
Aber der Hass und die Verleumdungen sind nur die eine Seite der Medaille. Auf der anderen Seite geht es um die Meinungsfreiheit. Und die Meinungsfreiheit bestimmt sich nicht nach den Anschauungen und dem Geschmack des Mainstreams, nicht nach „breitem gesellschaftlichen Konsens“. Die Meinungsfreiheit ist stets die Freiheit der Minderheiten, der Außenseiter, der Spinner und Unbelehrbaren, der Splitter- und Randgruppen, der Extremisten von links und rechts. Und es sind gerade auch die Minderheiten, die in Sozialen Netzwerken ihre Kommunikationsfreiheit ausleben. Eine Ausübung von Grundrechten unter dem Schutz des Art. 5 GG.
NetzDG: die Vorgeschichte
Die Vorgeschichte des NetzDG begann auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise im Sommer 2015. Justizminister Heiko Maas forderte Facebook in einem „Offenen Brief“ auf, stärker gegen fremdenfeindliche und rassistische Äußerungen vorzugehen. Um das Strafrecht ging es dem Minister nur am Rande. Er wollte gegen Meinungsäußerungen vorgehen, die in Deutschland mehrheitlich als rechtsextrem, geschmacklos und abstoßend angesehen werden.
Facebook: „Runde Tische“ statt Verteidigung der Meinungsfreiheit
Facebook wehrte sich öffentlich nicht. Man traf sich mit dem Minister zu Fototerminen und richtete eine „Task Force“ ein. Man versicherte, dass man gemeinsam gegen „Hass im Netz“ vorgehen wolle, und man stellte viele neue Mitarbeiter ein, um Beschwerden gegen „Hass-Postings“ zügig zu bearbeiten.
Die Runden Tische, Task Forces und Löschtrupps haben Facebook und Co. nichts genützt. Wer sich – wie Heiko Maas – in die Rolle der „Betroffenen“ begibt, wird keine Ruhe geben, bis das letzte „Hate Posting“ gelöscht ist. Dies ist die gnadenlose Logik, die zu dem unseligen NetzDG-Entwurf geführt hat.
Die Meinungsfreiheit braucht engagierte Verteidiger
Damit das Gleichgewicht zwischen Persönlichkeitsrechten und Kommunikationsfreiheit gewahrt bleibt, braucht es Anwälte auf beiden Seiten. Der Justizminister hat sich klar auf die eine Seite geschlagen. Von den Betreibern der Plattformen muss man ein Gegengewicht fordern. Wer, wenn nicht Facebook, Google und Twitter soll unsere Kommunikationsfreiheit gegen Löschgesetze und andere staatliche Eingriffe verteidigen? Statt an Runden Tischen über Löschroutinen zu verhandeln, sollte sich Facebook für die Meinungsfreiheit im Netz stark machen.
Einem Heiko Maas wird es Facebook nie recht machen können. Zeit, dass sich Facebook und Co. energisch und konsequent für die Kommunikationsfreiheit, gegen Löschgesetze und gegen Zensur in Deutschland stark machen.