Die AGB-Klauseln, wonach auch indirekte Nutzung eine Lizenz erfordert, gibt es in AGB von Softwareanbietern schon lange. Besonders bekannt für die Verwendung entsprechender Klauseln sind die AGB der SAP. Inzwischen zeigen fundierte Vorschläge zur Handhabung in der Praxis, dass derartige AGB-Klauseln in vielen Konstellationen unwirksam sind.
Wissenschaftliche Aufbereitung
Kürzlich haben Metzger/Hoppen das Thema Nutzungsbeschränkungen in Lizenzverträgen unter anderem auch mit der Klärung für indirekten Nutzen behandelt (CR 2017, 625 – 639). Danach sind verschiedene Fallgruppen, die die Autoren abgeschichtet haben, so gestaltet, dass eine zusätzliche Vergütung für indirekte Nutzung urheberrechtlich und auch AGB-rechtlich nicht passt. Das heißt nicht, dass es keine Konstellationen geben mag, bei denen eine zusätzliche Vervielfältigung stattfindet und deshalb eine indirekte Nutzung zusätzlich vergütungspflichtig sein kann, und zwar deshalb, weil insoweit Nutzer zugeschaltet werden, die ansonsten über keine entsprechenden Nutzungsrechte verfügen, siehe Metzger/Hoppen, CR 2017, 625 (630, 633f., 636 und 638).
Dass das Thema Fahrt aufnimmt, lässt sich auch einigen Pressemeldungen entnehmen. Zum Beispiel hat die Wirtschaftswoche getitelt: „‘Strafzölle‘ auf die Produkte von Partnern? Wie SAP seine Kunden verärgert“, Kroker, WiWo 8.11.2017. Das Manager-Magazin hingegen spricht von „gigantischen Nachforderungen“, Manager Magazin 7/2017.
Umstellung des SAP Vergütungssystems
Von Seiten SAP erfolgten seit längerer Zeit Erklärungen, wobei neuere Ankündigungen vermuten lassen, dass die indirekte Nutzung auf Dauer gar nicht mehr das Problem sein muss, weil das Vergütungssystem auf order-to-cash – umgestellt werden soll – so das SAP, „Indirect Access White Paper“ July 2017, p. 5 and 6. Damit würde es sich bei den SAP-Lizenzen nicht mehr um kaufrechtlich zu beurteilende handeln (was vielleicht jetzt schon der Fall sein mag, dies aber jedenfalls nicht so deutlich).
Analyse für die Praxis
In meinem Beitrag in ITRB 12/2017 lege ich dar, dass die SAP-AGB bislang widersprüchlich und unter kaufrechtlichen Vorzeichen benachteiligend und deshalb unwirksam sind. Wäre der Vertrag als Miete zu qualifizieren, hätte dies zur Folge, dass die Vergütung für Pflege kaum gerechtfertigt sein kann (zum Pflegevertrag als unlösbarer „Gordischer Knoten“ Schneider, CR 11/2017, 708 – 715).
- Frage nach dem Vertragstyp
Die Bestimmung des Vertragstyps spielt in der Diskussion kaum eine Rolle. Da SAP ein Vergütungssystem einführen will, das noch stärker mietvertraglich scheint, wird die Diskussion um den Vertragstyp intensiviert werden. Der ITRB-Beitrag will dazu einen Anstoß geben.
- Kartellrecht
Neben der AGB-rechtlichen Problematik in Verbindung mit der vertragstypologischen Einordnung gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Vorfragen, die sich insbesondere den Ebenen Urheberrecht und vor allem auch Kartellrecht zuordnen lassen. Die kartellrechtliche Problematik stellen Metzger/Hoppen dar für vier verschiedene Konstellationen, siehe CR 2017, 625 (630ff., 634f., 636f. und 638). Damit wird die Wirkung deutlich, dass die „indirekte Nutzung“ die Möglichkeit der Anwendung von Drittsoftware über die Vergütungsfolgen ausschließt, was kartellrechtlich relevant ist. Zur Drittsoftware-Behinderung s.a. „‘Strafzölle‘ auf die Produkte von Partnern? Wie SAP seine Kunden verärgert“, Kroker, WiWo 8.11.2017.
- Lizenzmetrik
Gleichzeitig richtet diese Frage der Umstellung im Vergütungssystem den Fokus auf die Lizenzmetriken und ihre technischen und urheberrechtlichen Anknüpfungstatbestände (s.a. Grützmacher, ITRB 2017, 141 sowie CR 2011, 485 ff. und 697 ff.).
Typische Methodik
In meinem Handbuch habe ich die Lizenzmetriken und dabei die indirekte Nutzung sowohl urherberrechtlich als auch vertragstypologisch und AGB-rechtlich behandelt (Schneider in Schneider, Handbuch EDV-Recht, 5. Aufl. 2017, v.a. G. Rz. 332 ff.; R. Rz. 84 ff., 97 ff.) und drohende Intransparenz festgestellt.
Die typische Methodik in AGB, sich als Verwender die Rosinen herauszupicken, bewirkt das Gegenteil des Beabsichtigten: Die Widersprüche gehen zu Lasten des Verwenders, die Unklarheiten ebenso, und die Intransparenz macht die Klauseln in Kombination mit der Benachteiligung unwirksam.
Unwirksamkeit
Die indirekte Nutzung stellt für beide Seiten ein erhebliches Vertragsrisiko dar. In vielen der möglichen Szenarien kommt es zu keiner zusätzlichen Vervielfältigung und auch nicht zur Nutzung durch User, die noch keine Lizenz haben. Der ITRB-Beitrag führt aus, warum dann die Klausel nicht wirksam ist (Schneider, ITRB 12/2017).
Fazit
Es wird sich empfehlen, die etwaigen Drohungen seitens SAP im Hinblick auf Vermessung u.ä. sehr sorgfältig zu prüfen und insbesondere dabei festzustellen, ob die Vermessung überhaupt auf einer geeigneten vertraglichen Grundlage erfolgt, ob die Lizenzen richtig ermittelt sind etc.. Die unterschiedlichen AGB und PKL der letzten Jahren tragen nicht gerade zur Klärung dieser Frage bei, was wiederum auch zu Lasten von SAP geht.