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Was ist eine Kopie? Antwort des EuGH-Generalanwalts in einem Satz mit 143 Wörtern

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Eine Kopie ist eine Kopie ist eine Kopie. Aber was ist unter einer „Kopie“ im Sinne des Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO zu verstehen? Eine neue Entscheidung des BVerwG und die jüngsten Schlussanträge des EuGH-Generalanwalts in einem österreichischen Vorlageverfahren deuten darauf hin, dass das Recht auf Kopie ein scharfes Schwert in der Hand der Betroffenen bleiben wird.

Versicherungsnehmer und Beschäftigte sind die Treiber der datenschutzrechtlichen Auskunftsansprüche. Zivilgerichte und Arbeitsgerichte mühen sich tagtäglich mit der Auslegung des Art. 15 DSGVO. Auslegungsfragen haben den BGH und das BVerwG bereits erreicht, ebenso das BAG und den BFH, und es gibt mehrere Vorlagebeschlüsse zum EuGH.

Aber was ist eine Kopie? Schaut man in die vielen DSGVO-Kommentare, bleibt man ratlos. Und auch die Gerichte konnten sich bislang nicht auf eine einheitliche Linie verständigen. Teilweise heißt es, eine Kopie sei eine Kopie. Missliche Folge: Der langjährig Beschäftigte kann von seinem Arbeitgeber oder Dienstherrn Kopien jedes Schriftstücks verlangen, das mit seinem Namen versehen ist. Viel Arbeit für die Personalabteilung, die im Ernstfall staubige Akten wälzen und unzählige E-Mails durchforsten muss, um Kopien in Hülle und Fülle zu fertigen. Dabei ist Vorsicht angesagt. Denn oft ist Schwärzen ratsam oder gar notwendig, um nicht ungewollt Personendaten Dritter zu offenbaren.

In manchen Kommentaren und Urteilen sucht man nach Wegen, wie sich dem Kopieraufwand Einhalt gebieten lässt. Beliebt ist dabei die Behauptung, die „Kopie“ sei eigentlich dasselbe wie die Auskunft. So heißt es bei Franck in Gola/Heckmann, DSGVO, 3. Aufl. 2022, Art. 15, Rz. 36:

„Die Kopie ist nach hiesiger Auffassung kein eigenständiger Anspruch und keine Sonderform, sondern der Grundtatbestand der inhaltlich-materiellen Auskunftserteilung.“

Wer mir diesen Satz erklären kann, verdient einen Preis. Warum „Grundtatbestand“, was ist das „Inhaltliche“ oder gar das „Materielle“ an einer „Auskunftserteilung“?

 

Neueste Wendung beim Rätselraten über den Begriff der „Kopie“: Auch nach einer neuen Entscheidung des BVerwG sind „Auskunft“ und „Kopie“ identisch, aber in einem ganz anderen Sinne als im Sinne eines „engen“ Begriffs der „Kopie“. Es geht um juristische Prüfungsarbeiten. Gestützt auf eine Entscheidung des EuGH, betont das BVerwG den weiten Begriff des „Personenbezugs“ und kommt zu dem Ergebnis, dass jedes Komma eines Klausur Personenbezug habe. Daher sei auch über jedes Komma Auskunft zu erteilen. Die geschuldete „Auskunft“ ist damit zugleich „Kopie“. Eine Vorlage an den EuGH sei entbehrlich, da man bei einem „engen“ Kopiebegriff zum selben Ergebnis komme wie bei einem „weiten“ Begriffsverständnis (BVerwG vom 30.11.2022, Az. 6 C 10/21; vgl. die Pressemitteilung des BVerwG Nr. 76 vom 1.12.2022).

 

Und wenige Tage später ist der EuGH-Generalanwalt nachgezogen. Die vom österreichischen Bundesverwaltungsgericht gestellte Frage nach dem Begriff der „Kopie“ im Sinne des Art. 15 Abs. 3 Satz 1 DSGVO beantwortet der Generalanwalt, indem er meint, dass

„der Begriff ‚Kopie‘ im Sinne dieser Bestimmung als eine getreue Wiedergabe der von der betroffenen Person angeforderten personenbezogenen Daten in verständlicher Form zu verstehen ist, in einem konkreten und dauerhaften Format, das es der betroffenen Person ermöglicht, das Recht auf Auskunft über ihre personenbezogenen Daten effektiv auszuüben, indem sie umfassende Kenntnis von allen ihren personenbezogenen Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, hat – einschließlich der weiteren Daten, die nach der Verarbeitung möglicherweise erzeugt werden, wenn sie auch Gegenstand der Verarbeitung sind –, damit sie ihre Richtigkeit prüfen und sich vergewissern kann, dass die Verarbeitung ordnungsgemäß und rechtmäßig ist, um gegebenenfalls die ihr nach der DSGVO verliehenen zusätzlichen Rechte ausüben zu können; die genaue Form der Kopie bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalls und insbesondere nach der Art der personenbezogenen Daten, zu denen die Auskunft verlangt wird, und nach den Bedürfnissen der betroffenen Person“.

(Schlussanträge vom 15.12.2022, Az. C-487/21, Rz. 79)

 

Alles verstanden? Falls nicht: Auch der Generalanwalt betont, wie weit der Begriff „personenbezogener Daten“ ist. Wenn viele Daten Personenbezug haben, wird eine Auskunft nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO im Zweifel lang ausfallen müssen. Und am Ende einer „Kopie“ zum Verwechseln ähnlich sein.

Fortsetzung folgt. Jedenfalls demnächst beim EuGH.

 

 

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Mehr zum Autor: RA Prof. Niko Härting ist namensgebender Partner von HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin. Er ist Mitglied der Schriftleitung Computer und Recht (CR) und ständiger Mitarbeiter vom IT-Rechtsberater (ITRB) und vom IP-Rechtsberater (IPRB). Er hat das Standardwerk zum Internetrecht, 6. Aufl. 2017, verfasst und betreut den Webdesign-Vertrag in Redeker (Hrsg.), Handbuch der IT-Verträge (Loseblatt). Zuletzt erschienen: "Datenschutz-Grundverordnung".

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