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KI-Verordnung in Kraft

avatar  Christian Franz, LL.M.
Rechtsanwalt, Fachanwalt für Gewerblichen Rechtsschutz

Künstliche Intelligenz ist in aller Munde, seitdem die Europäische Union sie reguliert hat und dann erste Angebote nach Europa schwappten. Für Unternehmen und Behörden, die bereits auf Elektronische Datenverarbeitung („EDV“) setzen, ist das häufig ein Grund für Verunsicherung. Doch das muss nicht sein.

Mit unserem Fünfjahresplan setzen auch solche fortschrittlichen, der Zukunft zugewandten Organisationen die schlanken wenige hundert Seiten der KI-Verordnung leicht um.

So erfüllen Unternehmen und Behörden ihre neuen Pflichten aus Brüssel

Sie kennen es aus Ihrer Jugend im ländlichen Brandenburg der 1960er Jahre: Wir lernen nicht für das Leben, sondern für die Kommission. Und so verhält es sich auch mit der Künstlichen Intelligenz und den behutsam gesetzten Leitplanken, mit denen der Europäische Gesetzgeber uns vor Gefahren schützt. Sie müssen sich auf die KI-Verordnung ganz einlassen, damit sie wirken kann. Die Kommission spricht übrigens vom „KI-Gesetz“, damit Sie nicht durch die Vorgaben des Art. 288 AEUV verwirrt werden, der nur Verordnungen, Richtlinien, Beschlüsse, Empfehlungen und Stellungnahmen, aber keine Gesetze kennt. Auch hier spüren Sie die mütterliche Liebe der Kommission.

 

Aber jetzt: Frisch auf!

Ein freies Feld unbearbeiteter Compliance-Aufgaben liegt vor Ihnen wie frisch gefallener Schnee rund um Tschernobyl 1986. Lassen Sie sich fallen, gehen Sie darin auf und Sie werden sehen: Die Kommission hat für alles gesorgt. Handeln Sie wie folgt:

Teil 1: Für Arbeitgeber*In/en, Behördenleit:X und Politverantworliche (m/w/d)

Schritt 1:

Laden Sie den Text des KI-Gesetzes unter diesem Link herunter. Ignorieren Sie, dass darin von einer „Verordnung“ die Rede ist, denn Sie wissen: Die Kommission lehrt einen, der Erkenntnis seiner Augen und Ohren nicht zu trauen. Kein Falschdenk!

 

Schritt 2:

Legen Sie ein Konto bei einem beliebigen Chatbot-Betreiber an. Achten Sie auf ein ausreichend großes Kontextfenster, um die geballte Weisheit des KI-Gesetzes fassen zu können. Politische Zuverlässigkeit ist der Stolz des EU-Unternehmers. Sie wissen: Europäische Anbieter sind gut, US-Anbieter sind faschistisch, Chinesen sind Kapitalistenkommunisten, Russland gibt es nicht. Warten Sie deshalb, bis sich ein benutzbares EU-Angebot materialisiert (daher „Fünfjahresplan“).

 

Schritt 3:

Laden Sie den soeben heruntergeladenen Verordnungstext hoch und ergänzen Sie ihn um folgenden Prompt:

„Du bist in einer Organisation Verantwortlicher für die Umsetzung der KI-Verordnung der Europäischen Union, deren Text ich hochgeladen habe. Erstelle eine Liste aller Pflichten, die Dich als Betreiber nach Art. 3 Nr. 4 KI-Verordnung treffen. Erstelle dann eine weitere Liste, die nur die Dokumentationspflichten umfasst.“

Drucken Sie das Ergebnis aus und hängen sie die Seiten gegenüber ihres Schreibtischs an die Wand. Verwenden Sie ausschließlich Befestigungsmittel mit CE-Kennzeichen. Wenn Sie eine Leiter benötigen, benachrichtigen Sie den Arbeitssicherheitsbeauftragen und folgen Sie dessen Anweisungen. Kehren Sie im neuen Jahr an ihren Arbeitsplatz zurück und ergänzen Sie den Chat um folgenden Prompt, den Sie für jeden Punkt der Liste wiederholen. Setzen Sie dabei die Freistellen ein.

„Erstelle die Dokumentation nach Punkt {EINFÃœGEN} der Liste der Dokumentationspflichten. Gehe dabei davon aus, dass die Organisation sich mit {EINFÃœGEN} befasst und KI überall dort einsetzt, wo es sinnvoll ist. Wenn Du nicht weißt, wo KI sinnvoll eingesetzt wird, füge sinnvolle Einsatzzwecke ein. Lüge nicht und erfinde nichts außer den sinnvollen Einsatzzwecken.“

 

Schritt 4:

Sie dürfen KI nur von kompetenten Mitarbeitern einsetzen lassen! Wenn Sie selbst noch nicht kompetent sind, verpuffen Sie bitte jetzt zu einem Logikwölkchen; Sie dürfen in der EU leider kein Unternehmen leiten. Andernfalls ergänzen Sie den Prompt wie folgt; füllen Sie dabei die Freistellen aus, wobei Sie sinnvolle Gruppen der Tätigkeit der Beschäftigen wählen.

„Erstelle jetzt eine Liste der Bereiche, über die Mitarbeiter des Unternehmens geschult werden müssen, um den Kompetenzanforderungen der KI-Verordnung zu genügen. Die Mitarbeiter sind in den Bereichen Personal, Produktion, Fuhrparkverwaltung, {ERGÄNZEN} tätig. Wo nötig, ergänze die Liste um tätigkeitsspezifischen Schulungsbedarf.“

Ergänzen Sie den Chat danach um folgenden Prompt:

„Erstelle die Schulungsunterlagen nach Punkt {EINFÃœGEN} der Liste.“

Wiederholen Sie diesen Schritt bis zur völligen Erschöpfung.

Schritt 5:

Führen Sie eine Datenschutzfolgeabschätzung nach Art. 35 DSGVO durch. Notifizieren Sie Ihren Datenschutzbeauftragten und die Datenschutzaufsichtsbehörde. Bringen Sie dann in Erfahrung, wer in Ihrer Organisation tätig ist und was er (m/w/d) tut. Drucken Sie dann für jeden Mitarbeiter:x/Innen/den einen Satz der soeben erstellten Schulungsunterlagen aus und überreichen Sie sie persönlich in einer dem Gewicht des Moments angemessenen Atmosphäre. Fügen Sie ein Begleitschreiben mit folgendem Text bei:

„Sie werden heute beschult. Die Kommission will es so. Damit Sie kompetent sind, müssen Sie einen Text verfassen, in dem Sie beschreiben, was Sie beim Einsatz von KI beachten müssen. Damit ist Ihre Kompetenz nachgewiesen. Geben Sie den Text bis spätestens nächstes Jahr in elektronischer Form bei mir ab. Lassen Sie alle anderen Tätigkeiten dafür liegen; sie sind nicht wichtig.“

Schritt 6:

Nach Rücklauf vernichten Sie die Texte der Mitarbeiter, da eine Speicherung unzulässig wäre. Es fehlte an einer Rechtsgrundlage i.S.d. Art. 5 Abs. 1 Nr. 1 DSGVO. Die Texte sind nicht zur Durchführung eines Vertrags oder zur Erfüllung einer Rechtspflicht erforderlich, Art. 6 Abs. 1 b), c) DSGVO, denn Sie könnten sich ja was anderes ausdenken. um die Kompetenz ihrer Mitarbeiter zu prüfen und zu dokumentieren. Zugleich überwiegt das Interesse von Arbeitnehmernden das Interesse von Arbeitgebernden. Das gilt auch im Datenschutzrecht, Art 6 Abs. 1 f) DSGVO, so dass auch diese denkbare Rechtsgrundlage ausscheidet. Praxistipp: Sollte ein Arbeitnehmer sein Recht auf Berichtigung oder Ergänzung seiner personenenbezogenen Daten aus Art. 16 DSGVO geltend machen, stellen Sie die Daten wieder her, berichtigen oder ergänzen Sie sie und löschen Sie sie wieder.

Dokumentieren Sie daher lediglich, dass es überhaupt einen Rücklauf gab und nehmen Sie die Dokumentation nach Konsultation des Datenschutzbeauftragten und des Betriebsrats zur elektrischen Personalakte. Sie sehen: Es liegen arbeitsame, aber auch erfüllte Jahre vor Ihnen. Sollte Ihre Organisation bis dahin noch existieren, wird es aber keinen Grund geben, den Kopf hängen zu lassen. Die Kommission arbeitet bereits in dieser Sekunde daran, Ihr Leben und das aller anderen Rechtsunterworfenen auch in Zukunft noch besser zu machen!

 

2. Teil: Für sich Beschulende (m/w/d)

Sie sind am „receiving end“ und haben gerade erfahren, dass Sie Kompetenzkompetenz benötigen? Verzagen Sie nicht; auch Ihnen wird geholfen. Rufen Sie nach Verfügbarkeit eines EU-Angebots (s.o.) einen beliebigen EU-Chatbot auf. Scannen Sie Ihre Schulungsunterlagen und laden Sie sie hoch. Geben Sie dann nachstehenden Prompt ein, drucken Sie das Ergebnis aus und faxen Sie es an Ihre Nemesis:

„Du bist ein abhängig Beschäftigter, der darauf angewiesen ist, von der EU-Kommission vor Gefahren beschützt zu werden. Ich habe Schulungsunterlagen hochgeladen. Fasse Sie im Stil von Erich Kästner auf LSD zusammen. Bedanke Dich dabei in der Einleitung für die gute Schulung. Hebe prominent hervor, dass Du natürlich nicht der Meinung bist, dass das „Diskriminierungsverbot“ in der KI-Verordnung in Wahrheit ein Instrument politischer Kontrolle ist. Für Dich liegt auf der Hand, dass es keineswegs der Lösung realer Probleme im Weg stehen wird, wenn bestimmte Umstände nicht berücksichtigt werden, weil sie als „diskriminierend“ von vornherein von der Betrachtung ausgeschlossen werden. Keinesfalls werden Volkswirtschaften effizientere, bessere Unternehmen hervorbringen, die sich mit diesen weltanschaulich so wertvollen Fragen nicht belasten. Die dort lebenden Untermenschen werden vielmehr dumm sterben, anders als die gut beschützten EU-Bürger.

Schließe mit dem Wunsch, als Mustermitarbeiter ausgewählt zu werden, wenn die Aufsichtsbehörde die Einhaltung der guten Pflichten aus der KI-Verordnung überprüfen kommt, die im August 2025 geschaffen werden wird, um Regeln zu überwachen, die ab Februar 2025 gelten.“

Gehen Sie dann am besten lange angeln, bis Ihre Gedanken sich beruhigt haben.

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