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NSA: Amerikas großes Ohr – Spiegel 1989

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Bei aller berechtigten Empörung über die Aktivitäten der NSA („Merkel zur Handy Affäre: ‚Ausspähen unter Freunden – das geht gar nicht'“, Spiegel-online v. 24.10.2013) gerät in Vergessenheit, dass der US-Geheimdienst keineswegs erst seit kurzem einen gigantischen Schnüffelapparat unterhält  – das ging schon 1989. Die Zusammenarbeit deutscher Geheimdienste mit der NSA hat ihre Wurzeln nach dem 2. Weltkrieg.

Bis heute hat keine deutsche Regierung Maßnahmen ergriffen, um die Aktivitäten der NSA in Deutschland einzudämmen und vor allem dem BND wirksame Beschränkungen bei der Zusammenarbeit aufzuerlegen.

Ein Spiegel-Artikel, der im Februar 1989 erschien, trägt den Titel „NSA: Amerikas großes Ohr“ und beginnt nach dem Untertitel „Die National Security Agency, der aggressivste US-Nachrichtendienst, hört Freund und Feind ab“ wie folgt:

„Im weltweiten Gewimmel der Funkwellen speichert die US-Regierung alle Signale, Befehle und Gespräche. Die National Security Agency (NSA), der geheimste aller Geheimdienste, lauscht rund um den Erdball und rund um die Uhr – auch in der Bundesrepublik.“
(„NSA: Amerikas großes Ohr“, Der Spiegel 8/1989 v. 20.2.1989)

Vieles in dem Artikel kommt einem sehr heutig vor:

„Was Präsidenten oder Minister in Kabinettssitzungen reden, was in Königshäusern oder auf Vorstandsetagen gesprochen wird, ob Generäle saufen oder Botschafter fremdgehen, alles auf Band…“
(„NSA: Amerikas großes Ohr“, Der Spiegel 8/1989 v. 20.2.1989)

Zwischen Freund und Feind gab es laut diesem Spiegel-Artikel schon damals keinen Unterschied:

„Wer immer zwischen Nordsee und Alpen zum Telefonhörer greift, muss gewärtig sein, dass auch die NSA in der Verbindung ist – Freund hört mit.“
(„NSA: Amerikas großes Ohr“, Der Spiegel 8/1989 v. 20.2.1989)

Deutsche Behörden mussten schon 1989 damit rechnen, selbst durch die NSA ausspioniert zu werden:

„Die NSA-Lauscher wissen, was die befreundeten und die feindlichen Dienste einander zu sagen haben…“
(„NSA: Amerikas großes Ohr“, Der Spiegel 8/1989 v. 20.2.1989)

Der freundschaftlichen Zusammenarbeit deutscher Behörden mit der  NSA tat dies keinen Abbruch:

„Auch heute noch profitieren Verfassungsschutz und Bundeskriminalamt von den großen Lauschern der Siegermacht, die, einem riesigen Staubsauger gleich, alle nur denkbaren Informationen aus den Richtfunkstrecken der Bundespost herausfiltern.“
(„NSA: Amerikas großes Ohr“, Der Spiegel 8/1989 v. 20.2.1989)

Auch für die deutsche Wirtschaft interessierte sich die NSA bereits vor knapp 25 Jahren:

„Besonders gern, berichten Verfassungsschützer, sammeln US-Dienste ‚Zahlen und Daten aus der Wirtschaft‘.“
(„NSA: Amerikas großes Ohr“, Der Spiegel 8/1989 v. 20.2.1989)

Und die Sammelwut machte auch vor dem Privatleben deutscher Prominenter nicht halt. Es wurde genüsslich mit den deutschen Kollegen geplaudert:

„Mitunter verblüffen amerikanische Kollegen … sogar mit ‚hübschen Details aus dem Privatleben‘ deutscher Prominenter…“
(„NSA: Amerikas großes Ohr“, Der Spiegel 8/1989 v. 20.2.1989)

Nichtamerikaner waren gegen die Aktivitäten der NSA schon 1989 rechtlos gestellt:

„Nachträglich wurde der NSA zugebilligt, dass sie deren Telefongespräche abhören und den Brief- und Telexverkehr mitlesen durfte. Beschwerden verwarf das Berufungsgericht.“
(„NSA: Amerikas großes Ohr“, Der Spiegel 8/1989 v. 20.2.1989)

Und es gab sogar schon damals Insider („Whistleblower“), die den Spiegel mit Informationen versorgten. Ein Insider bezeichnete es als

„Routine …, mal ‚den gesamten diplomatischen Verkehr von Botschaften in Europa aufzuzeichnen, mal nur den Telefonverkehr zwischen Berlin und London oder Rom und Belgrad‘. In anderen Wochen [so der Informant] habe seine ‚Watch List Dutzende von Namen großer Industriefirmen‘ enthalten.“
(„NSA: Amerikas großes Ohr“, Der Spiegel 8/1989 v. 20.2.1989)

 

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Mehr zum Autor: RA Prof. Niko Härting ist namensgebender Partner von HÄRTING Rechtsanwälte, Berlin. Er ist Mitglied der Schriftleitung Computer und Recht (CR) und ständiger Mitarbeiter vom IT-Rechtsberater (ITRB) und vom IP-Rechtsberater (IPRB). Er hat das Standardwerk zum Internetrecht, 6. Aufl. 2017, verfasst und betreut den Webdesign-Vertrag in Redeker (Hrsg.), Handbuch der IT-Verträge (Loseblatt). Zuletzt erschienen: "Datenschutz-Grundverordnung".

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