Im Juli 2013 berichtete ich hier über ein Urteil des Kammergerichts. Fast zwei Jahre später erreicht uns ein Kommentar zu dem Beitrag. Der Kommentar ist inhaltsarm und empfiehlt den Besuch der Seiten eines hessischen Anwalts. Reiner Zufall oder verbotene Schleichwerbung (§ 4 Nr. 3 UWG)? Der Reihe nach:
1. In dem Beitrag vom 29.7.2013 ging es um die Domain „aserbaidschan.de“, gegen deren Registrierung die gleichnamige Kaukasusrepublik erfolgreich vorging (Härting, „Beispiel aserbaidschan.de: Ansprüche auf Domainlöschung nach Kennzeichen- und Namensrecht“, CRonline Blog v. 29.7.2013).
2. Am 3.6.2015 erreichte uns folgender Kommentar zu diesem Beitrag:
„Diese Probleme treten immer wieder häufiger auf. Natürlich will man zum Beispiel eine Internetseite mit einer witzigen Domain öffnen, aber es gibt auch im Hintergrund die Frage, ob man sich dabei innerhalb der legalen Grenze bewegt. Wenn nicht, dann kann es schon mal passieren, dass man sogar abgemahnt wird. Ich finde, man sollte heutzutage sehr vorsichtig mit gewissen Namen im Internet oder im allgemeinen Leben umgehen. Macht man vielleicht einen Fehler, wenn es um Namen- oder Domainrecht geht, dann kann es womöglich passieren, dass man dafür abgemahnt wird.
Neulich habe ich im Internet recherchiert und bin auf eine Seite gestoßen, in der ein Rechtsanwalt zu dem Thema berichtet. Den Link zu der Seite habe ich hier angegeben:
https://www.aid24.de/rechtsblog/schweini-und-google-kai-nehmen-es-mit-marken-und-domainnamen-auf
Auf dieser Seite fand ich auch eine Geschichte, worin ein Metzger eine Wurst „Schweini“ nennen wollte, er jedoch Probleme mit dem Fußballnationalspieler Bastian Schweinsteiger bekam.
LG :)“
3. Der Kommentar hat den Duktus eines Werbetextes und erschien uns daher verdächtig. Daher schalteten wir den Kommentar nicht frei. Stattdessen schrieben wir den Wiesbadener Anwaltskollegen Christoph Scholze an, der Inhaber der Domain „aid24.de“ ist.
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4. Kollege Scholze konnte sich den Kommentar nicht erklären:
„Sehr geehrter Herr Prof. Härting,
vielen Dank für Ihre Information bezüglich des Handelns unbekannter Dritter, auch wenn mich Ihre Nachricht sehr verwundert hat. Leider konnte ich Sie zu einem persönlichen Telefonat heute nicht erreichen.
Aus Ihrer Nachricht kann ich nicht nachvollziehen, um welchen Ihrer zahlreichen Artikel es sich auf CR-online handeln soll. Ich kann Ihnen bezüglich einer möglichen Täterschaft und Verantwortlichkeit hinsichtlich des von Ihnen übersendeten Kommentars nicht weiterhelfen, da wir die von Ihnen beschriebene Werbemaßnahme ablehnen. Sprachlich erscheint der von Ihnen übersendete Kommentar unbekannter Dritter jedenfalls nicht gelungen und entspricht nicht meiner Arbeit.
Es wird höflich darum gebeten die AID24 Rechtsanwaltskanzlei und meine Person nicht mit dem Handeln unbekannter Dritter, wie von Ihnen in Ihrer eMail vom 04.06.2015 beschrieben und angekündigt in Bezug zu bringen.
Sollten Sie weitere Informationen für mich haben bitte ich um Übermittlung per eMail an diese Adresse bzw. um ein Telefonat damit ich der Sache nachgehen kann.
Hochachtungsvoll
Christoph Scholze Rechtsanwalt Schwerpunkt IT- & Urheberrecht“
5. Der unbekannte Kommentator bezeichnet sich als „Paul Baummann“. Wie ich jetzt erfahren habe, ist „Paul Baummann“ in Internetforen kein Unbekannter. Er wirbt gerne für den Wiesbadener Kollegen, dies in immer ähnlich lautenden Kommentaren, die auf die Seiten von „aid24.de“ verweisen:
- Kommentar v. 28.11.2014 zu einem Post v. 26.6.2008:  http://www.zdnet.de/39192705/eltern-haften-fuer-copyright-verletzungen-ihrer-kinder-im-web/#comment-525377
- Kommentar v. 28.11.2014 zu einem Post v. 21.10.2013: http://www.internet-law.de/2013/10/filesharing-das-gesetz-gegen-unserioese-geschaeftspraktiken-laeuft-leer.html
- Kommentar v. 25.2.2015 zu einem Post v. 19.1.2015:Â http://meedia.de/2015/01/19/illegale-streaming-app-abmahnwelle-bei-popcorn-time-nutzern/
- Kommentar v. 25.2.2015 zu einem Post v. 19.1.2015:Â http://trading-house.net/news/wirtschaft-kommentar-zu-illegale-streaming-app-abmahnwelle-bei-popcorn-time-nutzern-von-paul-baummann-42165863
- Kommentar v. 27.11.2014 zu einem Post v. 12.12.2013: http://www.itespresso.de/2013/12/12/gutachten-wirft-kanzlei-urmann-collegen-rechtswidrige-mandantenvereinbarung/
- Kommentar v. 4.12.2014 zu einem Post v. 23.5.2014: http://www.srf.ch/wissen/digital/gericht-intime-fotos-loeschen-wenn-die-beziehung-vorbei-ist
„Warum nur glaube ich, Du möchtest ganz dringend unter verschiedenen Namen immer wieder auf eine ganz bestimmte Webseite hinweisen???“,
bemerkt ein Kommentator bereits im November 2014 zu einem auffälligen Kommentar des „Paul Baummann“ bei ZDNet (Kommentar v. 28.11.2014 um 10:15 ).
Paid Content und Paid Links sind verbreitete Marketing-Methoden, die vor allem einem verbesserten Page Rank bei Google dienen. Ein ständiges Ärgernis und ein klarer Wettbewerbsverstoß (vgl. etwa LG Hamburg v. 24.2.2012 – 312 O 715/11, openJur 2012, 68).
6. So plump wie „Paul Baummann“ wirbt heute indes kaum noch jemand.
7. Plumpe Webemethoden stehen Anwälten besonders schlecht zu Gesicht. Denn nur Seriosität schafft das Vertrauen, das ein guter Anwalt braucht. Ob der Wiesbadener Kollege einer tölpelhaften SEO-Agentur zum Opfer gefallen ist, ob es wirklich einen „Paul Baummann“ gibt oder ob es sich hier einfach um eine Kette von unglücklichen Zufällen handelt: Kollege Scholze sollte dafür sorgen, dass „Paul Baummann“ seine Werbekampagne schnellstmöglich beendet.
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Ein Kommentar
Diese Form von Schleichwerbung ist gerade bei Juristen weit verbreitet. Hier hat sich auch ein Blogleser mal die Mühe gemacht und ein paar Fälle zusammengetragen:
https://ralfzosel.de/comment/212#comment-212