Im März 2025 wird die 8. Auflage des Handbuchs zum Internetrecht von RA Prof. Niko Härting erscheinen. Der vorliegende Beitrag aus dem Kapitel „Urheberrecht“ soll einen Einblick in das neu gestaltete Werk vermitteln. Er behandelt die Kunstformen Karikatur, Parodie und Pastiche, für deren Verbreitung veröffentlichte Werke ohne Zustimmung des Urhebers verwendet werden dürfen.
Die §§ 44a ff. UrhG setzen den Rechten des Urhebers Schranken, indem sie bestimmte Nutzungen auch ohne dessen Zustimmung gestatten. Dabei muss jedoch die Schranken-Schranke des Art. 5 Abs. 5 der Richtlinie 2001/29/EG berücksichtigt werden, welche die Anwendungsbereiche der §§ 44a ff. UrhG durch den sogenannten „Drei-Stufen-Test“ einschränkt. Dieser Test stellt sicher, dass eine Nutzung nur dann zulässig ist, wenn sie erstens zu einem der gesetzlich vorgesehenen Sonderfälle der §§ 44a ff. UrhG gehört, zweitens die normale Verwertung des Werks oder eines anderen Schutzgegenstands nicht beeinträchtigt wird und drittens eine Verhältnismäßigkeitsprüfung vorgenommen wird, bei der die Interessen der Rechteinhaber und der Nutzer gegeneinander abgewogen werden.
Eine dieser Schranken ist in § 51a Satz 1 UrhG normiert. Demzufolge ist es zulässig, ohne die Zustimmung des Urhebers ein veröffentlichtes Werk zum Zweck der Karikatur, Parodie oder des Pastiches zu vervielfältigen, zu verbreiten und öffentlich wiederzugeben. Diese Erlaubnis erstreckt sich auch auf die Nutzung einer Abbildung oder einer anderen Vervielfältigung des verwendeten Werkes, selbst wenn diese ebenfalls urheberrechtlich oder durch ein verwandtes Schutzrecht geschützt ist (§ 51a Satz 2 UrhG).
§ 51a UrhG wurde durch das Gesetz zur Anpassung des Urheberrechts an die Erfordernisse des digitalen Binnenmarktes am 30. Mai 2021 eingeführt und regelt vor allem Fälle, die früher unter die „freie Benutzung“ gemäß § 24 UrhG a.F. fielen.
Die Schrankenregelung des § 51a UrhG dient dazu, kreatives Schaffen auf Basis bestehender Werke zu fördern, was als Teil der Kunst- und Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 und Abs. 3 GG sowie Art. 11 und 13 der Charta der Grundrechte der EU betrachtet wird. Ziel ist es, einen Ausgleich zwischen den Interessen der Kreativen zu schaffen. Eine erkennbare Übernahme von Bestandteilen fremder Werke stellt dabei einen Ausfluss der Kunst- und Meinungsfreiheit dar, wenn eine Interaktion mit dem Werk oder zumindest mit dessen Urheber erfolgt. Die Ausnahmen für Karikaturen, Parodien oder Pastiches fördern den kreativen Dialog und die künstlerische Auseinandersetzung mit bestehenden Werken.
Eine Parodie zielt darauf ab, an ein bestehendes Werk zu erinnern, enthält jedoch auch erkennbare Unterschiede dazu. Sie kann als humorvolle oder spöttische Form des Ausdrucks verstanden werden und muss keinen eigenständigen Charakter aufweisen, der über diese Unterschiede hinausgeht. Das OLG Köln stellte fest, dass es an den erforderlichen Unterschieden für eine Parodie nach § 51a UrhG mangelt, wenn in einer „TV-Pannenserie“ Ausschnitte aus Sendungen anderer Fernsehsender gezeigt werden. Auch die bloße Hinzufügung der Überschrift „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ zu einem Foto stellt keine Parodie dar, da es an einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Werk fehlt.
Die Regelung zum Pastiche in § 51a UrhG ermöglicht eine erkennbare Übernahme kreativer Züge bestimmter Werke, wobei der Fokus weniger auf der konkreten Nachahmung von Werken liegt als vielmehr auf der stilistischen Nachahmung, wie etwa das Schreiben oder Malen im Stil eines bekannten Künstlers, Genres oder einer Epoche. Anders als Parodien oder Karikaturen drückt ein Pastiche eine Form der Wertschätzung oder Ehrerbietung für das Original aus. Zu den gängigen Formen eines Pastiches gehören Remixes, GIFs, Memes oder Samplings. Wie bei der Parodie muss auch im Pastiche eine Auseinandersetzung mit dem ursprünglichen Werk oder einem anderen Bezugsobjekt erkennbar sein.
Ob § 51a UrhG in Bezug auf das Pastiche als Auffangtatbestand der Kunstfreiheit verstanden werden muss, ist aktuell Gegenstand eines Vorlagebeschlusses des BGH an den EuGH.